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»Die Ehestandsgeschichten dieses königlichen Blaubarts sind entsetzlich.«

  – Clemens VII. & Heinrich VIII.

 

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1. Bittschrift der Mitglieder des englischen Oberhauses an Papst Clemens VII.

Zusammenfassung Dokument 1

Bittschrift der Mitglieder des englischen Oberhauses an Klemens VII.
mit der Forderung einer Annullierung der Ehe zwischen 
Heinrich VIII. und Katharina von Aragón

Archivio Segreto Vaticano, A.A., Arm. I–XVIII, 4098A

Sanctissimo in Christo … separatim nunc flagitaremus.

Die Mächtigen Englands beklagen das sich in die Länge ziehen des Annullie­rungsprozesses trotz wiederholter Anmahnungen.

Sufficere sane alioqui … denuo reducere.
Die Tatsache, dass diverse europäische Universitäten sich dafür ausgesprochen
haben, hätte ausreichen müssen, um den Papst von der Rechtmäßigkeit der An­nullierung zu überzeugen.

Habemus enim summis … quingentesimo trigesimo.
Eine neue, gültige Ehe würde einen rechtmäßigen Thronfolger sichern und wenn
der Papst die Annullierung der Ehe des Königs mit Katharina nicht bewilligt, wird
man nicht zögern, für das Wohl des Reiches bis zum Äußersten zu gehen.


Foto der Bittschrift mit allen Siegeln

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2. Antwort Clemens' VII. auf die Bittschrift der Mitglieder des englischen Oberhauses

Zusammenfassung Dokument 2

Registerabschrift des Breve von Klemens VII.
als Antwort auf den Brief der Mitglieder des englischen Parlaments

Archivio Segreto Vaticano, Arm. XLIV, 9, ff. 525r–527v

Roma (S. Pietro), 1530 settembre 27
Clemens papa VII
Venerabiles fratres et dilecti filii salutem et
apostolicam benedictionem.

Multa sunt in vestris … gravissimis nominibus | incusaretis.
Der Papst beklagt den harten Ton des Briefs, der ihm von den Mächtigen
Englands gesandt wurde und der nur durch deren Ergebenheit ihrem Herr­scher gegenüber entschuldbar ist.

Nos quidem agnoscimus … vestrum tenorem repetamus.
Die unbestreitbaren Verdienste des Königs dem Heiligen Stuhl gegenüber
können den Papst nicht davon entbinden, ein unparteiisches Urteil be­züglich der Annullierung seiner Ehe zu fällen.

Cum primum, tribus … iuribus regis doce-|ret.
Der Prozess, der, um in England geführt werden zu können, den abgesand­ten Kardinälen Thomas Wolsey und Lorenzo Campeggi anvertraut war, wurde wegen des Protests der Königin Katharina gegen das Legatgericht vom Papst übernommen: Die päpstliche Entscheidung entspricht den notwendigen Vor­sichtsmaßnahmen, nach welchen sich der Papst richten muss, vor allem, wenn ein Prozess einen Herrscher betrifft.

Ideoque factum ut lis … omnem pertinere | existimemus.
Klemens VII. weist die Beschuldigung von sich, den Prozess absichtlich in die Länge gezogen zu haben, da dieser Umstand den Bitten der Botschafter des Königs vielmehr entgegenkam. Die Verdienste Heinrichs VIII. gegenüber dem Heiligen Stuhl können den Papst nicht dazu veranlassen, dessen Wünschen nachzukommen, auch nicht,
wenn er darin von den hervorragendsten Gelehrten unterstützt wird. Die Annullierung einer mit päpstlicher Genehmigung geschlossenen, vollzoge­nen Ehe, die darüber hinaus Nachkommenschaft hervorgebracht hat, bedarf einer sorgfältigen Bewertung.


Nam ex hiis … officio nostro discederemus.
Klemens VII. erklärt, nur wenige Meinungen der Universitäten angehört zu haben, die ihn auf nicht of fiziellem Wege ohne die notwendige Argumenta­tion erreicht haben. Der Papst in seiner Eigenschaft als spiritueller Vater aller Christen muss sich davor hüten, die einen den anderen gegenüber zu bevorzugen. Der wahre Ruin des Reiches wäre für den Papst ein voreiliges und unge­rechtes Urteil.

Masculam autem prolem … demus perpetuo voluntatem.
Die Gewährung eines Thronfolgers, so sehr sie von allen ersehnt sei, liegt allein in Gottes Hand. Weit davon entfernt, dem König missfallen zu wollen, wünscht der Papst, den Prozess nach dem Gesetz zu führen. Klemens VII. bedauert die Drohungen der Mächtigen Englands im Falle ei­ner ihren Erwartungen gegensätzlichen Entscheidung. Wie in der Vergangenheit üblich, wird der Papst jeglichem Ersuchen des Königs stattgeben, solange es seine eigene Ehre oder die des Hl. Stuhls nicht verletzt.


Denique, quod ad hanc causam attinet … expectari debent.
Obgleich es im Interesse des Papstes selbst sei, den Verlauf eines derart unbequemen und verfänglichen Prozesses zu beschleunigen, kann er doch niemals mit einem gotteslästerlichen Urteil abgeschlossen werden.

Datum Rome, apud Sanctum Petrum, sub annulo piscatoris, die XXVII
septembris 1530, pontificatus nostri anno septimo. Evangelista
Evangelista Tarasconus, Verfasser der Breven und päpstlicher Sekretär


(Übersetzung und Zusammenfassungen: Marco Maiorino, Cornelia Volk)