
Bevölkerungswachstum und aufblühender internationaler Handel begünstigten die Entstehung zahlreicher mittelalterlicher Städte. Die Idee der Stadt als Zentrum einer Region, als Ort eigenen Rechts, an dem verschiedene Stände innerhalb schützender Stadtmauern miteinander leben, brachte Vor- und Nachteile mit sich. Einerseits bot sich – allerdings nur einem Teil der Bevölkerung – die Möglichkeit politischer Mitwirkung. Andererseits litt man unter Krankheiten und Seuchen wie der Pest, die sich aufgrund der Bevölkerungsdichte und der hygienischen Mängel rasant verbreiteten. Heute laden vielerorts historische Altstädte zum Flanieren ein und erinnern dabei flüchtig an vergangene Zeiten.

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1. Zusatzinfos zu Ihren Dokumenten
Zu Dokument 1:
TRANSKRIPTION der Urkunde Kaiser Friedrich I. Barbarossas vom 14. Juni 1158
Fridericus imperator decidit controversiam inter Ottonem episcopum Frisingensem et
Heinricum ducem Bawarie et Saxonie super foro, ponte et moneta apud Veringen et
Munichen.
1158 XVIII° kal[endas] iulii. Auguste.
(C) In nomine sancte et individue trinitatis. Fredericus divina favente clementia Romanorum
imperator et sempcr augustus dilecto patruo suo Ottoni Frisingensi episcopo eiusque
successoribus canonice substituendis in perpetuum.
Ex quo divina benignitate Romani imperii gubernacula tenemus, dignum est, ut eius
opitulatione, quantum possumus, quieti temporum et paci ecclesiarum curemus providere.
Ita enim et in presenti commissum nobis orbem pacifice gubernari et in futuro a rege regum
sempiterne retributionis premio donari speramus. Inde est, quod controversiam, que inter te,
karissime patrue, qui inpresentiarum Frisingensis episcopatus geris dignitatem, et
nobilissimum consanguineum nostrum Henricum ducem Bawarie et Saxonie super foro apud
Verigen et Munichen dinoscitur agitari, ita coram nostra et principum presentia decidere
curavismus, ut deinceps omnis contentionis, que ob hanc rem inter vos haberi posset,
sublata credatur occasio. Huius autem transactionis utriusque vestrum assensu et voluntate
celebrate talem fuisse tenorem presentibus innotescat et futuris:
[1] Forum quod esse solebat apud Verigen et pons ad theloneum de cetero iam ibidem non
erit neque moneta.
[2] In eius autem rei recompensationem consanguineus noster Henricus dux ecclesie
Frisingensi contradidit terciam partem totius utilitatis, que provenire poterit de theloneo fori
sui apud Munichen, sive in tributo salis sive aliarum rerum magnarum vel minutarum seu
venientium seu inde redeuntium.
[3] Thelonearium vero aut suum habebit uterque vestrum pro beneplacito suo aut, si hoc
visum fuerit, ambo unum, qui teneatur utrique vestrum ad respondendum.
[4] De moneta similiter erit, quod terciam partem eius pensionis episcopus accipiat, due in
usus ducis concedant. Hoc autem fideliter ex parte ducis laudatum est, ut sine dolo et malo
ingenio singula hec ecclesie Frisingensi in perpetuum absque contradictione persolvantur.
[5] Moneta tamen ad arbitrium ducis locari debebit.
[6] Denique monetam Frisingensem ad voluntatem suam locabit episcopus. Tertiam tantum
sue redditionis partem dux habebit nomine feudi concessurus, sicut et modo concessit,
cuilibet hoc ipsum sive multum sive parum ad petitionem episcopi.
Statuimus ergo et presentis instrumenti pagina roboramus, ut huius conventionis hinc inde
pari coniventia facte ratum et inconvulsum omni tempore maneat firmamentum et uterque
vestrum quod accepit teneat et quiete possideat, vestris vestrorumque successorum usibus
iugiter profuturum. Porro ne huius facti memoria futuris quibusque temporibus oblitteretur,
scripto notari ac sygilli nostri impressione muniri manuque propria, ut infra apparet,
corroborantes, testes quoque qui aderant subter notari fecimus.
Quorum nomina hec sunt: Arnoldus Moguntinus archiepiscopus, Fredericus Coloniensis
archiepiscopus, Gevehardus Werzeburgensis episcopus, Hermannus Vardensis episcopus,
Cu°nradus Augustensis episcopus, Everardus Bavenbergensis episcopus, Fredericus dux
Suevorum, Herimannus marchio Veronensis, Tidericus marchio de Lusiz et frater eius
Heinricus.
Signum domni Frederici Romanorum imperatoris invictissimi. (M)
Ego Reinaldus cancellarius vice domini Moguntini archiepiscopi et archicancellarii recognovi.
Datum Auguste XVIII° kal[endas] iulii, anno dominice incarnationis M°C°L°VIII°, indictione VI,
regnante Friderico Romanorum imperatore augusto anno regni eius VII°, imperii vero III.
Amen.
(Transkription: Reinhold Schaffer, An der Wiege Münchens, München 1950, S. 72, 74)
Übersetzung
Kaiser Friedrich I. verkündet den Vergleich zwischen Bischof Otto von Freising und Herzog
Heinrich dem Löwen von Bayern um Markt, Zollbrücke und Münze zu Föhring und
München.
(C) Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit, — Friedrich durch Gottes gütige
Huld Kaiser der Römer und allzeit erhabener Herrscher an seinen geliebten Oheim Otto,
Bischof von Freising, und dessen durch kanonische Wahl zu bestellende Nachfolger, — in
Ewigkeit. Da wir durch Gottes Güte das Steuer des Reiches in Händen haben, verlangt es die
Würde, daß wir mit deren Hilfe nach besten Kräften für die Ruhe der Zeiten und den
Frieden der Kirchen vorausschauend Sorge tragen. So erhoffen wir uns eine friedvolle
Lenkung des uns anvertrauten Erdkreises für die Gegenwart, für die Zukunft aber als Lohn
ewige Vergeltung vom König der Könige. Aus diesen Gründen haben wir den Streit, der um
den Markt bei Föhring bekanntlich hin- und herwogt zwischen Dir, teuerster Oheim, der
gegenwärtig die Würde des Bischofs von Freising inne hat, und zwischen unserem
hochedlen Vetter Heinrich, Herzog von Bayern und Sachsen, bei unserem Zusammensein
mit den Fürsten auf solche Weise entscheiden lassen, daß künftig zu einer Spannung jeder
Anlaß beseitigt sein dürfte, der dieser Sache wegen zwischen Euch auftauchen könnte. Die
gegenwärtigen Geschlechter aber und die kommenden sollen den Wortlaut der Abmachung
kennen, die mit Eurer beider Zustimmung und Willen feierlich getroffen wurde:
[1] Der Markt, der bei Föhring abgehalten zu werden pflegte, die Zollbrücke und Münze
werden dort künftighin nicht mehr bestehen.
[2] Zum Ersatz dafür hat unser Vetter Herzog Heinrich der Kirche von Freising ein Drittel des
Gesamteinkommens aus seinem Marktzoll zu München übertragen, sei es aus Abgaben für
Salz, sei es für andere dort ein- oder ausgehende Groß- oder Kleinstückswaren.
[3] Was den Zöllner betrifft, so soll nach Gutdünken jeder von Euch seinen eigenen haben
oder, wenn das für gut erscheint, beide zusammen einen, der jedem von Euch
verantwortlich sein soll.
[4] Mit der Münze soll es ähnlich gehalten werden, indem ein Drittel ihrer Einkünfte der
Bischof erhält, zwei Drittel aber in die Tasche des Herzogs fließen. Das aber wurde vom
Herzog in Treuen gelobt, daß ohne List und Trug und Widerspruch diese einzelnen Anteile
der Kirche von Freising ewig geleistet werden sollen.
[5] Eine Münze jedoch soll nach Gutdünken des Herzogs errichtet werden können.
[6] Eine Freisinger Münze soll endlich auch der Bischof nach eigenem Belieben errichten
können. Von ihren Einkünften soll der Herzog nur ein Drittel erhalten und er soll diesen
Anteil, er sei groß oder klein, nach dem Wunsch des Bischofs als Lehen an jemand
weitergeben, wie er es auch bereits getan hat.
Wir bestimmen also und bekräftigen mit dieser Urkunde, daß die Festlegung dieser
gegenseitigen Übereinkunft für alle Zeit unerschütterlich Geltung haben soll und daß jeder
von Euch, was er erhalten hat, ungestört besitzen soll zu Eurer und Eurer Nachkommen
dauernden Nutznießung. Damit ferner die Erinnerung an diese Abmachung nicht ausgelöscht
werde, haben wir sie schriftlich niederlegen und mit dem Aufdruck unseres Siegels versehen
lassen. Wir haben sie auch, wie unten zu ersehen ist, mit eigener Hand bekräftigt und die
anwesenden Zeugen am Schlusse aufzeichnen lassen. Ihre Namen sind: Arnold Erzbischof
von Mainz, Friedrich Erzbischof von Köln, Gebhard Bischof von Würzburg, Hermann
Bischof von Verden, Konrad Bischof von Augsburg, Eberhard Bischof von Bamberg,
Friedrich Herzog von Schwaben, Hermann Markgraf von Verona, Dietrich Markgraf von der
Lausitz und sein Bruder Heinrich.
Zeichen des Herrn Friedrich, des unbesiegten der Römer. (Monogramm).
Ich Rainald, Kanzler, habe an Stelle des Herrn Erzbischofs von Mainz und Erzkanzlers
nachgeprüft.
Gegeben zu Augsburg, am 14. Juni im 1158. Jahr nach Christi Geburt, in der 6. Indiktion,
unter der Regierung Friedrichs, des erhabenen Kaisers der Römer, im 7. Jahr seiner
Herrschaft als König, im 3. als Kaiser. Amen.
(Übersetzung: Reinhold Schaffer, An der Wiege Münchens, München 1950, S. 73)
Zu Dokument 2:
TRANSKRIPTION der städtischen Statuten der Stadt Dortmund (1252–1256)
Städtische Statuten der Stadt Dortmund 1252 –1256
Stadtarchiv Dortmund, Bestand 1, Nr. 20
In nomine Domini amen. Venerabilibus in Christo viris, dominis fratri Heinrico
ordinis fratrum minorum Curonensi episcopo, fratri Annoni magistro universisque
confratribus domus sancte Marie Theutonice in Lyvonia consules necnon et universi
burgenses Tremonienses salutem et voluntariam sui servicii in omnibus exhibicionem.
Super eo, quod ex relatu litterarum vestrarum nuper ad aures nostras pervenit,
universi ac singuli exultantibus animis congaudemus, divine bonitati gratias non
inmerito referentes, cujus clemencia operante et peregrinorum Theutonicorum et
precipue domus vestre labore continuo mediante, qui multis periculis et effusione
sui sanguinis ad hoc pro Dei amore alacres laborarunt, quod crudelitas et matri
ecclesie gentilium jam dudum contraria per Curoniam et Sambyam effrenata nimis
infidelitas tam salubriter ab errore supersticioso quievit et sese fidei beneficiis
inclinavit. Cum igitnur non modicum, immo magnum nobis hoc sit reputandum,
quod oppidum vestrum, quod nunc de novo apud Mymelburg per vos erigitur,
juribus nostris a majestate sacri imperii Romani et a divis imperatoribus ex antiquatis
temporibus nobis iudultis gaudere ob reverentiam ejusdem imperii decrevistis, et cum
precipue novelle plantacioni vestre nomen nostre civitatis inposueritis et novam
Tremoniam nominari feceritis, nobis pre aliis civitatibus tantam et specialem
vicissitudinem ostendentes, voluntati vestre in quantum possumus et in
quibuscumque sufficimus benignis affectibus satisfacere cupientes, omnia jura
imperialia nobis concessa ab eodem imperio et hactenus approbata vobis in
presenti pagina sub sigillo nostro transmittimus observanda, ut per ea pacis
incrementum et rigor justicie, qui quantum terribilis est perversis, tantum desiderabilis
est mansuetis, circa subjectos vobis populos perpetuo vigeat et tranquillitatem
vivendi in omnibus terminis vestris tam pauperibus quam divitibus eternaliter
inducat.
1. De judiciis.
Judicem nostrum eligimus in hunc modum: ipse non debet esse de familia majoris
judicis nostri, qui judicium tenet in feudo a majestate sacri imperii, nec officialis alicujus
domini nec persona suspecta; concivis noster debet esse habens hereditatem.
Ipse presidebit judicio per unum annum; quo elapso, si bene se habuit, comparebit
coram consilio cum amicis suis, qui petent pro eo, ut secundo anno ei liceat presidere,
quod de gracia ei conceditur, non de jure; et illo tempore tertio anno nequaquam
permittitur judicare.
2. Cum aliqua causa coram judicio nostro ventilatur et ad sententiam hinc inde pervenitur
diffinitivam, hec requirenda est a burgensibus et illam ferent statim, si possunt
aut volunt; quod si non, deliberare possunt ad 14 dies et dare sententiam; si
non tunc, iterum deliberant ad totidem dies et ferre possunt; si nec tunc, tertia vice
deliberare possunt ad tot dies. Et si inter burgenses movetur questio, quarta eis
cedit deliberatio, et tunc tenentur diffinitivam sentenciam promulgare.
3. Cum aliquis burgensis per preconem vocatur ad judicium, si non comparet,
vadiabit judici duos solidos; et si vocatus altera venire vice presumpserit, eciam
tunc vadiabit judici duos solidos; tertia vice vocabitur adhibitis testibus, et si tunc
venire noluerit, compellitur per ablata sibi pignora comparere.
4. Judex noster in nullo loco judicio poterit presidere nisi tantum pro tribunali, nisi
per sententiam sit precautum.
5. Si aliquis civis movet alteri questionem super debitis, confessus solvet debitum
ad 14 dies; si non, vadiabit judici duos solidos. Et sic fiet ei tribus vicibus infra sex
ebdomadas. Post hec vadiabit actori 2 solidos, e tunc actor assumpto precone tollet
pignus illius et reservabit illud per sex ebdomadas et per tres dies, qui dri dwernaht
teutonice nuncupantur; quibus elapsis presentabit pignus memoratum coram judicio
et tunc de licentia judicis vendendi illud habet liberam potestatem.
Si vero reus dicit, quod actori nichil teneatur, dextera manu sua juramenti sacramento
in momento se poterit expurgare, nisi actor per justitiam possit debitum approbare.
6. Preco tantum de sexto dimidio denario poterit judicare.
7. Si aliquis ponit questionem coram judicio contra alium de bonis mobilibus vel
inmobilibus et offert probacionem nec probare poterit, vadiabit unam marcam
judici pro defectu.
8. De sanguinis effusione et manuum injectione.
Si aliquis invadit alium violenta manu ledens eum gladio vel alio instrumento, quod
vulgariter icegthe wapen dicitur, si deprehenditur in recenti facto habens instrumentum
in manu, pari talione punietur, hoc est: collum pro collo, manum pro
manu. Si abierit nec deprehensus fuerit, duodecima manu se poterit expurgare.
9. Si aliquis violenter alium infra muros nostros in via aut in taberna invaserit et ad
sanguinis effusionem eum percusserit vel vulnus intercutaneum, quod teutonice
blawuonde dicitur, eidem inflixerit, poterit eum ad arma proclamare et super eo reus
satisfaciet consulibus, judici et leso, si convinci potest cum duobus; tali pena pecuniaria
punietur: dabit in murum oppidi nostri dimidiam marcam, de qua nequaquam
eidem aliquid relaxatur nec eciam pro ea ulla peticio porrigetur; deinde dabit
consulibus duos solidos, judici duos et illi tres quem percussit. Si vero percussor est
confrater majoris gylde nostre, amam vini superaddet consulibus pro emenda.
Si aliquis burgensis noster aliquem concivem nostrum extra oppidum nostrum in
aliis terminis, vicinis aut eciam longe remotis, eodem modo invaserit et hoc per
duos probari poterit, pene memorate subjacebit.
10. De verborum inproperiis et insultibus ex vehementia animi factis.
Si aliquis burgensis noster alteri inproperat vel obloquitur verbis turpibus et
inhonestis, vocans eum canem aut assimilans eum caude aut alteri menbro canis
vel huorrensuone vel dytherrensuone vel furem, predonem vel latronem aut etiam
traditorem, nisi debito modo possit eum convincere, etiam prefata pena punietur
sicut pro sanguinis effusione.
11. De furtis et rapinis.
Si aliquis deprehenditur infra muros nostros cum furto, quod valet dimidium fertonem,
suspenditur; si minoris valoris est, scopis punitur, ad buccas uritur et crines sui per
medium caput suum forpice tonduntur. Si furtum est alicujus burgensis nostri, tunc
judex in eo nullam penitus habet portionem; si ad extraneum pertinet et si fur ad
mortem dampnatur, actor duas partes de furtivis recipit et judex de tercia parte
ratione sui officii se intromittit. De rapinis nichil dinoscitur ad judicem pertinere.
12. De monetis.
Quicunque tenet monetam nostram a sacro imperio, non potest eam variare aut
permutare, nisi mutata persona per mortem que gubernabat imperium, aut ille qui
tenet monetam eidem imperio cum armis deserviat trans Alpes. Burgensis noster
potest cambire sine statera et pondere, stans et non sedens a moneta ad novem pedes;
potest eciam cambire argentum, quantumcunque necesse habet ad mercandisas
suas vel ad peregrinationes; sed si illud quocunque casu vendere voluerit infra
oppidum nostrum, monetario nostro ad emendum exhibebit et illud tantum, quod
infra oppidum nostrum cambivit.
13. De majori jure nostro et pena illius.
Si aliquis burgensis noster stans vel sedens in aliquo loco minatur pomposis verbis
alteri burgensi nostro audientibus duobus viris ydoneis concivibus nostris et minis
preteritis malum ei intulerit, et mine quas prius fecerat, que vulgo vorsathe dicuntur,
per testes qui audierant probari poterunt, reus solvet decem marcas nostre monete
et sex amas vini, quod teutonice eyn vuoder wines nuncupatur. Eadem pena punitur
qui alium baculare presumit.
14. De donationibus et legationibus.
Si aliquis egrotat ad mortem, quod teuthonice in sire vyrsogt dicitur, nichil potest dare
vel alicui assignare sive in mobilibus sive in inmobilibus sive in sese moventibus
nisi de consensu heredum.
Si etiam bene sanus est corpore, non potest vendere vel alienare hereditatem suam
sine consensu heredum nec dare paratos denarios aut promittere, nisi illos in
momento det de manu sua et se ab illis amplius excludat.
15. Item ubi duo conjuges sunt et alter eorum viam universe carnis ingreditur,
superstes, si habent pueros, relinquet illis medietatem omnium bonorum suorum,
reliquam partem potest dare, si matrimonium contraxerit, contrahenti.
16. Ubicunque contractus legitimus fit coram viris qui brutmanne dicuntur, si postea
de matrimonio illo aliqua fit dissensio, illa reformari debet per duos tantum de viris
predictis, qui prestito juramento veritatem enarrabunt.
17. De mensuris et libris.
Omnes mensure in funiculis pannorum, tam laneorum quam lineorum, in mensuris
frumenti, in cyphis, in crateris sunt in potestate consilii. Pistores cum excedunt in
pane suo, emendant consilio et non judici.
18. Si judex aliquam mulierem que braxat cervisiam incusare voluerit, non potest
facere sine consulibus; et si mulier illa voluerit se expurgare, potest facere, si non,
vadiabit 4 solidos, 2 consulibus et duos judici, Tremoniensis monete.
19. Omnes sententie de quibus dubitatur requirende sunt apud nos de omnibus
civitatibus Teutonie que sunt in Romano imperio in hunc modum: civitas illa, ubi
talis sententia dubitativa vertitur et super illa ad nos Tremoniam appellatur, in
scripto debet ad nos transmittere sentenciam illam, ut ipsam diffinitivam feramus;
super qua, si volumus, deliberare possumus ad 14 dies, et si non invenerimus,
iterum deliberamus ad 14, quod si illam plene non discernimus, tercia vice deliberamus
ad 14 dies, et illam tunc diffinitive ita feremus, prout coram duce profiteri merito
debeamus.
20. Ad mandatum domini nostri nec alicujus principis milites ad bellandum in
oppidum nostrum recipimus nec recipere debemus.
21. Item ad mandatum domini nostri nec alicujus domini terre ire debemus in
aliquam expedicionem, sed tantum ad tuendum nos possumus, si volumus,
ascendere muros nostros et propugnacula nostra.
22. De proclamatione ad arma, de duellis et de judicio liberorum.
Nullus poterit nos evocare ab oppido nostro per proclamacionem ad arma nec
proscribere nec inpetere per duellum infra terminos sacri imperii.
23. Item nullus debet a nobis requirere aliqua thelonia sive in terra sive in mari
infra terminos sacri imperii.
24. Item illud jus liberorum, quod teutonice vrye dyng dicitur, non intrat muros
nostros super cives nostros de jure et eorum nuncios et familiam de gracia.
25. Cum aliquis debet pugnare duellum apud nos jure nostro Westvaliensi, talis
debet esse apparatus suus, cum aggreditur pugnam:
unicolorem habebit tunicam, pretonsos crines in modum clerici, precisas caligas
sunder vuorvuothe, cirotecas cervinas in manibus, gladium unum in manu et alium
cinctum ad latus, scutum rotundum, cingulum et brakale sine ferreis buculis, et
absque camisia pugnabit.
26. De libertate oppidi nostri.
Civitas nostra integraliter sita est in fundo sacri imperii, unde unusquisque possidet
fundum et aream suam libere absque omni pensione et tributo.
27. Nemo potest legare vel eciam dare ecclesiis vel claustris aliquam hereditatem
vel aliqua bona inmobilia infra muros nostros jacencia vel in campo nostro in agris,
pratis, molendinis, pascuis vel piscariis existentia; denarios potest dare, si vult et
quot vult.
28. Si tegerit aliquis alium ex impetu animi vel tenuerit vel rapuerit eum per vestem
suam, quod teutonice mit hesten mude dicitur, punietur tanquam pro sanguinis
effusione.
29. Si aliquis burgensis noster stans in foro nostro vult emere aut recentes carnes
aut recentes pisces, debet dicere vendenti: verte michi piscem illum vel verte michi
carnes illas, nequaquam debet tangere propria manu sua; si tetigerit et cum duobus
qui viderunt convictus fuerit, absque omni contradictione solvet 4 solidos.
30. Si unus burgensis noster stans vult emere rem aliquam, alter non debet eum
inpedire vel supplantare exhibendo venditori plus quam primus exhibuit; sed cum
primus emit rem illam venalem, in eodem loco alter potest ei dicere: volo habere
medietatem istius rei empte, et emptor debet hoc permittere; si alio modo inpedit
eum, solvet 4 solidos.
31. Si due mulieres rixantur ad invicem percutiendo se vel verbis contumeliosis,
quod verkorene wort dicuntur, portabunt duos lapides per cathenam coherentes,
qui ambo ponderabunt unum centenarium, quod teutonice dicitur enen cyntenere,
per longitudinem civitatis in commui via; una primo portabit eos de orientali porta
civitatis ad occidentalem portam et alia stimulabit eam stimulo ferro fixo in baculo,
et ambe ibunt in camisiis suis; alia tunc assumet eos in humeros suos et reportabit
eos ad orientalem portam et prima e converso stimulabit eam.
32. De collecta.
Quicumque perjurus reperitur et collectam suam subtraxerit, consules de omnibus
bonis suis se intromittunt nec ammodo ydoneo viro se poterit comparare nec ad
consulatum vel ad aliam dignitatem admittitur vel ad juramentum.
33. Cum aliquis burgensis noster captivatur, statim cum consules intelligunt eum esse
captum, vadunt ad domum suam et accipiunt claves suas et perspectis omnibus
suis claudunt omnia et deferunt secum claves et habent illas sub se quamdiu volunt
et restituunt illas quando volunt, quia nemini burgensi licet se redimere; si se redimit,
omnia bona sua sunt in potestate burgensium.
34. Si aliquis hospes extraneus convenit aliquem burgensem coram judicio pro
aliquibus bonis, si fatetur reus debitum, solvet illud ante occasum solis vel altera
die, quod dicitur over dwernach, et ambo dabunt fidejussores.
35. Item habemus quoddam jus quod dicitur dwernach, quod incipit currere in
crastino purificationis beate virginis et in crastino beati Swiberti expirat, et est tale
jus: quod quicunque burgensis convenit alium coram judicio pro aliquibus debitis,
si fatetur debitum, debet illud inmediate solvere proxima die ante occasum solis, et
si non solverit, vadiabit judici duabus vicibus et tertia vice actori et debet accipi
pignus suum.
Item idem jus incipit currere in crastino annunciationis beate virginis et durat ad 14
dies et tunc expirat.
36. Item si quis percutit palum absque licentia in stratam regiam, vadiabit superiori
judici 60 solidos, et qui percutit palum in viam que vulgo dicitur jucweg vadiabit
quatuor solidos, judici duos et civitati duos.
37. Juramentum Judeorum a divis imperatoribus institutum et ex antiquis
temporibus in tota terra Theutonie firmiter observatum. Primo intret Judeus synagogam
cum judice et actore et imponat dextram manum totam usque [ad] menbrum
brachii in librum Levitici et claudatur liber et incipiat clericus prenarrare juramentum
Judeo, et quocienscunque Judeus hesitaverit et prenarrans illud ei tercio predixerit
nec Judeus ipsum verbis secutus fuerit, tociens ab inicio incipietur et tociens porriget
pignus judici; clerico vero narranti juramentum pro labore suo dabit talentum piperis
vel precium equipollens.
In libro qui hebraice dicitur Ellesmot jurandum est in hunc modum:
Disser ansprake, der di disse man tiet, der bistu unschuldich, dat di Got so helpe,
di di erden gescup ande den himel uphuf, ande di e, di Got selver scref mit sinen
vingere an eine stenenen taflen, di hi heren Moyses gaf, dat hi su di brechte ende
allen dine geslechte ende allen den di dar bi genesen deghten. Ef du heves
unrecht, des di dise man tiet, dat du also gedies, also Sodoma ende Gomorra dide;
ef du heves unrecht, dat du gewandelet werdes an eine saltsul, also Lothes wif
dide, do si van Sodomen ginc; ef du heves unrecht, dat di diselve soght besta, di
Jhezi bestunt, heren Helyseus knegt; ef du heves unrecht, dat din sat nimmer
geminget ne werde tut anderen sade; ef du heves unrecht, dat di di erde verslinde,
alse su dide Dathan ende Abyron; ef du heves unrecht, dat din erde nimmer
geminget [ne werde] tut anderen ertrike; ef du heves unrecht, dat din sile verwiset
werde in di nidersten dusternusse. Disse eit, den du hir gesvoren heves disen
manne, di is gerecht ende ummine, dat di Got so helpe ende quinque libri Moysi.
Du biddes den Got, di dar is ende iummer mer wesen sal sunder ende, dat hi di
also helpe tu dinen lesten inde, also du disen manne recht gesvoren heves; spric:
amen.
Actor prenarrantem juramentum remunerabit.
38. Cum Judei a sacro imperio sint privilegiati jure speciali, quod possint in rebus
sibi inpignoratis per furtum et rapinam ablatis summam pecunie, que widdescat
dicitur, optinere per juramentum suprascriptum, sciendum est, quod nichil possunt
optinere in vestibus pollutis sanguine sive vestibus madefactis tamquam ad abluendum
et in calicibus conculcatis sive convolutis, quia in hiis est manifestum signum
suspicionis et infidelitatis.
39. Item sciendum: si Judeus aliquis mittit pignus aliquod venale ad forum et illud
per aliquem obligatur, qui dicit sibi illud ablatum per furtum vel rapinam et illud per
juris formam se offert probaturum, Judeus non potest aliquam prestare warandiam
pignoris supradicti extra limen domus sue.
40. De quanta summa substitutus judicis judicare possit.
Si judex aliquem pro se substituerit ad judicandum, ille non habebit posse judicandi
ultra quinque denarios cum obulo, nisi sit de consensu consulum.
41. Quid sit juris, cnm aliquis negat se vadiasse judici.
Si judex noluerit capere pignora alicujus pro vadimoniis suis et ille negaverit se
vadiasse, poterit se dextera manu sua de hoc per juramentum suum expurgare.
42. Quod actor non tenetur vadiare judici, cum quis jure suo obtinet rem locatam.
Si aliquis convenit alium coram judicio super eo, quod ipse rem, quam ei locaverat,
tenuerit ultra terminum conventum et ille jure suo obtinuerit tempus vel terminum
suum, actor non tenebitur inde judici vadiare.
43. De jure pensionalium bonorum.
Quicumque burgensis noster residet in bonis hereditariis pensionalibus, quod erflic
tinsguo t dicitur, non potest alienare vel dissecare, quod splitterem (!) vulgariter dicitur,
illa bona vel illum fundum vel aliquam partem de illo alteri exponere hereditarie
sine consensu et voluntate illius qui est dominus fundi.
44. De captione pigorum.
Quicumque capit pignora alterius propter pensionem hereditatis sue non solutam,
illa pignora potest vendere secunda die, quod over duernagth dicitur, sub testimonio
judicii et duorum proborum virorum.
45. De necgligencia solutionis pensionis.
Item si aliquis necglexerit solvere pensionem suam debito die, inde tenetur actori
vadimonium de quatuor solidis et judici nichil.
46. De pignoratione in diebus dictis duernagth facta.
Quicumque convenerit aliquem coram judicio in diebus illis, qui dicuntur duernagth,
pro aliquibus debitis sibi non solutis, si actor capit pignora sua, illa potest vendere
secunda die, quod dicitur over duernagth.
47. Item nullus pater viduus vel mater vidua potest pueros suos artare ad divisionem
bonorum faciendam, nisi possit ipsis talem excessum demonstrare, quod de jure
sint ab ipsis separandi.
(Transkription: Ferdinand Frensdorff, Dortmunder Statuten und Urteile, Halle/Saale
1882, S. 21 – 42)
Übersetzung (Auszug)
Städtische Statuten der Stadt Dortmund 1252 –1256
Stadtarchiv Dortmund, Bestand 1, Nr. 20
Im Namen des Herren Amen. Den ehrwürdigen in Christo Männern, den Herren:
Heinrich, Bruder des Minderordens und Bischof von Kurland, dem Bruder Meister
Anno und allen Mitbrüdern des Deutschordenshauses S. Mariae in Livland, ent -
bieten wir Ratsherren und alle Dortmunder Bürger Heil und Bereitwilligkeit unseres
Dienstes in allen Stücken. Über das, was aus Eurem Brief uns kürzlich zu Ohren
kam, haben wir sämtlich und jeder einzelne mit jubelndem Herzen uns gefreut und
der göttlichen Güte nicht unverdienter Maßen gedankt, daß sich durch die gnädige
Hilfe Gottes und durch die ständige Arbeit der deutschen Pilger und vor allem der
Pilger Eures Hauses, die durch viele Gefahren und Vergießen ihres Blutes aus Liebe
zu Gott daraufhin wacker gearbeitet haben, in Kurland und Samland die Grausamkeit
und der der hl. Kirche seit langem entgegenstehende zügellose Unglaube der
Heiden so heilsam gelegt hat und diese von abergläubischem Irrtum befreit, sich
den Wohltaten des Glaubens zugeneigt haben.
Da es uns ferner nicht zu geringem, vielmehr zu großem Ruhme gereicht, daß Ihr
aus Ehrerbietung für das heilige römische Reich beschlossen habt, daß sich Eure
Stadt, die nun durch Euch von neuem bei der Memelburg errichtet wird, unsere
Rechte, die uns von der Majestät des hl. römischen Reichs und den erlauchten Kaisern
seit alten Zeiten gewährt sind, erfreuen soll, und da Ihr ganz besonders noch Eurer
neuen Pflanzstätte den Namen unserer Stadt gegeben und Sie Neu-Dortmund ge -
nannt habt, so wollen wir, um Euch vor anderen Städten eine ebenso große und
besondere Gegengunst zu erweisen, und in dem Wunsche, Euern Willen, so weit
wir können, mit herzlicher Zuneigung zu erfüllen, alle kaiserlichen Rechte, die uns
vom Reich gewährt und bis jetzt anerkannt sind, Euch zur Be wahrung auf diesem
gegenwärtigen Blatte unter unserm Siegel übersenden, damit durch sie das Wachstum
des Friedens und die Strenge des Rechtes, die den Verderb ten umso scheck -
licher als den Gesitteten wünschenswert ist, bei den Euch unterworfenen Völkern
immerwährend in voller Kraft sei und in allen Euren Gebieten, sowohl bei den
Armen wie bei den Reichen, die Ruhe des Lebens ewiglich herbeiführe.
1. Von den Gerichten.
Unsern Richter wählen wir in dieser Weise: Er soll weder ein Diener unseres Großrichters
sein, der das Gericht von der Majestät des hl. römischen Reichs zu Lehen
hat, noch ein Amtsmann eines andern Herrn oder eine verdächtige Person, sondern
er soll unser Mitbürger und erbgesessen sein. Er sitzt dem Gericht ein Jahr lang vor.
Nach dessen Ablauf erscheint er, wenn er sich gut gehalten hat, mit seinen Freunden
vor dem Rat, und diese bitten für ihn, daß ihm erlaubt werde, ein zweites Jahr dem
Gericht vorzusitzen, was ihm aus Gnaden, nicht von Rechts wegen, gestattet wird.
Wenn das zweite Jahr vorbei ist, soll ihm niemals erlaubt werden, daß er noch das
dritte Jahr richtet.
2. Wenn eine Rechtssache vor unserm Gerichte hängt und zu einem end gültigen
Urteilsspruch an uns gelangt, so ist dieser bei den Bürgern ein zuholen, und diese
geben ihn sofort, wenn sie können oder wollen. Andernfalls können sie sich bis zu
14 Tagen beraten und dann das Urteil fällen. Geschieht dies nicht, so können sie
sich noch einmal ebensoviele Tage beraten und dann urteilen. Geschieht dies auch
dann nicht, so können sie sich ein drittes Mal ebensoviele Tage beraten. Und wenn
sich unter den Bürgern (immer noch) eine Frage erhebt, dann ist ihnen eine vierte
Be ratung gestattet, aber darnach sind sie gehalten, ein endgültiges Urteil auszu -
sprechen.
3. Wenn ein Bürger durch einen Fronen vor Gericht geladen wird und nicht er -
scheint, so wettet er dem Richter zwei Schillinge; und wenn er ein zweites Mal die
Vorladung mißachtet, so wettet er wiederum dem Richter zwei Schillinge. Das dritte
Mal wird er im Beisein von Zeugen geladen, und wenn er dann nicht kommen
will, so wird er durch Pfändung gezwungen, vor Gericht zu erscheinen.
4. Unser Richter kann an keinem andern Orte richten, als an dem Richthaus, es sei
denn, daß dies zuvor durch Gerichtsurteil zugelassen worden sei.
5. Wenn ein Bürger gegen einen andern eine Schuldklage erhebt und dieser gesteht
die Schuld, so muß er sie in 14 Tagen zahlen oder er wettet dem Richter wegen des
Zahlungsversäumnisses 2 Schillinge. In die gleiche Strafe verfällt er dreimal innerhalb
von 6 Wochen. Darnach wettet er dem Kläger 2 Schillinge, und der Kläger
nimmt von ihm unter Hinzuziehung des Fronen ein Pfand und bewahrt dieses
6 Wochen und 3 Tage, welche auf deutsch die „drei Dwernächte“ heißen; nach
Ablauf dieser Frist zeigt der Kläger vor Gericht das erwähnte Pfandstück vor und
darf es mit Erlaubnis des Richters verkaufen.
Wenn aber der Beklagte sagt, daß er dem Kläger nichts schulde, so kann er sofort
mit seiner rechten Hand einen Reinigungseid leisten, falls nicht der Kläger durch
das Gericht seine Schuld beweisen kann.
6. Der Frone darf nur über Sachen bis zu einem Werte von 5 und einen halben
Pfennig richten.
7. Wenn jemand vor Gericht gegen einen andern wegen beweglicher oder un -
beweglicher Güter Klage erhebt und kann den dafür angebotenen Beweis nicht
erbringen, so wettet er dem Richter für diesen Mangel eine Mark.
8. Vom Blutvergießen und handhaftem Angriff.
Wenn jemand einen andern mit gewalttätiger Hand angreift, ihn mit dem Schwert
oder einem anderen Instrument verletzt, das gewöhnlich „scharfe Waffen“ genannt
wird, so wird der auf frischer Tat mit der Waffe in der Hand Gefaßte mit dem Wiedervergeltungsrecht
bestraft, d.h. Hals für Hals, Hand für Hand. Wenn der Täter
entfliehen konnte und nicht gefangen wurde, so kann er sich von der Anklage mit
11 Eideszeugen durch Eid reinigen.
9. Wenn jemand einen andern innerhalb unserer Stadtmauern gewalttätig auf der
Straße oder in einer Schänke überfällt und ihn bis zum Blutfließen schlägt oder ihm
eine Wunde unter der Haut zufügt, die auf deutsch „Blauwunde“ heißt, so kann der
Angegriffene über den Verletzer zu den Waffen rufen, und der Beklagte muß dafür
den Ratsherren, dem Richter und dem Verletzten Genüge tun, wenn er mit 2 Zeugen
überführt werden kann. Er wird mit folgender Geldstrafe bestraft: eine halbe Mark
zahlt er zum Mauerbau unserer Stadt und von dieser Strafe darf ihm nichts erlassen
werden und niemand deswegen für ihn Fürbitte tun. Ferner zahlt er je 2 Schillinge
den Ratsherren und dem Richter und 3 Schillinge demjenigen, den er verletzt hat.
Wenn jedoch der Verletzte ein Mitbruder unserer großen Gilde [d.h. der Kaufmannsgilde
oder Reinoldigilde] ist, so muß er darüber hinaus noch den Ratsherrn
als Buße ein Ohm Wein hinzufügen. Wenn einer unserer Bürger einem unserer Mitbürger
außerhalb unserer Stadt in anderen, nahen oder auch weit entfernten Ge -
bieten auf gleiche Weise angreift, und dies durch 2 Zeugen bewiesen werden kann,
so unterliegt er der gleichen Strafe.
11. Von gestohlenen und geraubten Sachen.
Wenn jemand innerhalb unserer Mauern mit einem Diebesgut, das einen halben
Vierdung wert ist, ergriffen wird, so wird er gehängt. Wenn es weniger wert ist, so
wird er mit Rutenschlägen bestraft, an den Backen gebrannt, und es werden ihm
mit einer Schere am halben Kopf die Haare geschoren. Wenn das Diebesgut einem
unserer Bürger gehört, so hat der Richter daran keinen Anteil. Wenn es aber einem
Fremden gehört und der Dieb zum Tode verurteilt wird, so erhält der Kläger zwei
Teile an dem Diebesgut und der Richter nimmt den dritten auf Grund seines Amtes
an sich. Am Raubgut hat jedoch der Richter keinen Anteil.
12. Von den Münzen.
Wer unsere Münze vom hl. Reich besitzt, kann sie nur ändern oder verändern,
wenn die Person desjenigen, der das Reich regiert, sich durch Tod ändert oder derjenige,
der die Münze besitzt, dem Reich Waffendienste jenseits der Alpen leistet.
Ein Dortmunder Bürger kann ohne Waage und Gewicht wechseln, wenn er 9 Fuß
weit von der Münze entfernt steht und nicht sitzt. Er kann auch Silber wechseln, so
viel er davon für seine Kauf- oder Pilgerfahrten nötig hat. Aber wenn er aus
irgendeinem Grunde Silber innerhalb unserer Stadt verkaufen will, so muß er es
unserm Münzer zum Kauf anbieten und zu dem in unserer Stadt üblichen Preis einwechseln.
13. Von unserm höchsten Statut und von der Strafe für seine Übertretung.
Wenn ein Dortmunder Bürger an irgendeinem Orte sitzend oder stehend einen Mitbürger
mit hochfahrenden Worten bedroht und zwei glaubwürdige Mitbürger dies
hören, und wenn er ihm nach diesen Drohungen einen Schaden zufügt, und die
Drohungen, die er früher machte und die gewöhnlich „Vorsatz“ genannt werden,
ihm durch Ohrenzeugen bewiesen werden können, so zahlt der Schuldige 10 Mark
unseres Geldes und 6 Ohm Wein, die auf deutsch ein „Fuder Weines“ heißen. Mit
der gleichen Strafe wird bestraft, wer sich anmaßt, einen andern mit einem Stock
zu schlagen.
14. Von Schenkungen und Vermächtnissen.
Wenn jemand auf den Tod erkrankt, was auf deutsch „in seinem Siechbett“ [liegend],
heißt, so kann er ohne Zustimmung seiner Erben weder von seinem beweglichen
noch unbeweglichen noch sich selbst bewegenden Eigentum etwas geben noch
einem andern versprechen.
Auch wenn er körperlich völlig gesund ist, kann er ohne Zustimmung der Erben
weder sein Erbe [= Grundbesitz] verkaufen oder veräußern, noch bares Geld verschenken
oder versprechen, wenn er diese nicht augenblicklich mit seiner Hand
übergibt und sich vollständig vorbehaltlos seiner entäußert.
15. Wenn von zwei Eheleuten einer den Weg alles Fleisches geht, so soll der Überlebende,
wenn das Ehepaar Kinder hat, diesen eine Hälfte aller ihrer Güter überlassen,
die andere Hälfte kann er demjenigen geben, mit dem er eine neue Ehe schließt.
17. Von den Maßen und Gewichten.
Alle Maße, sowohl Seile für Woll- und Leinentücher, wie Kornmaße, Becher oder
Gefäße [für Flüssigkeiten] sind in der Gewalt des Rates. Die Bäcker, die beim Brot
gegen die Vorschriften verstoßen, büßen dem Rat und nicht dem Richter.
18. Wenn der Richter eine Frau, die Bier braut, einer Verfehlung beschuldigen will,
so kann er dies nicht ohne die Ratsherren tun; und wenn die Frau sich von der Be -
schuldigung reinigen will, so kann sie es tun. Wenn nicht, so wettet sie 4 Schillinge
Dortmunder Münze, 2 den Ratsherren und 2 dem Richter.
19. Alle Urteile, die [als falsch] bezweifelt werden, sind bei uns von allen Städten
Deutschlands, die es im Römischen Reich gibt, auf folgende Weise einzuholen: Jene
Stadt, in der ein solches angezweifelte Urteil ergangen ist, und die deswegen sich
an uns nach Dortmund beruft, soll uns jenes Urteil schriftlich übersenden, damit
wir ein endgültiges Urteil fällen. Über dieses können wir uns, wenn wir wollen, bis
zu 14 Tagen beraten, und wenn wir es in dieser Frist nicht gefunden haben, be -
raten wir wiederum bis zu 14 Tagen. Haben wir das Urteil dann noch nicht vollkommen
erkannt, beraten wir ein drittes Mal bis zu 14 Tagen, und wir geben dann
ein so endgültiges Urteil, wie wir es billiger Weise vor dem Herzog aussagen
müßten.
20. Nur auf Befehl unseres Herrn und nicht irgend eines anderen Fürsten nehmen
wir eine ritterliche Kriegsbesatzung in unserer Stadt auf und müssen sie aufnehmen.
21. Nur auf Befehl unseres Herrn und nicht irgend eines anderen Landesherrn
müssen wir Kriegsfolge leisten und auch nur, insoweit wir uns schützen wollen,
können wir, wenn wir es wollen, unsere Mauern und Bollwerke besteigen.
22. Vom Waffenschrei, von Zweikämpfen und vom Freigerichte.
Niemand darf uns außerhalb unserer Stadt durch Waffenschrei vor Gericht vorladen
oder ächten oder uns innerhalb der Grenzen des Römischen Reichs zum Zweikampf
herausfordern.
23. Niemand darf uns innerhalb der Grenzen der hl. Reichs irgendwelche Zölle, sei
es zu Lande oder auf dem Meer, abfordern.
24. Auch soll jenes Recht der Freien, das auf deutsch „Freiding“ heißt innerhalb
unserer Mauern von Rechts wegen nicht über unsere Bürger, und aus Gnaden nicht
über ihre Boten und Gesinde Zutritt haben.
25. Wenn bei uns jemand einen Zweikampf nach unserm westfälischen Recht zu
kämpfen hat, so soll, wenn es zum Kampf geht, sein Anzug folgender sein: Er soll
einen einfarbigen Rock anhaben, sich die Haare nach Art eines Geistlichen kurz
scheren, abgeschnittenen Hosen ohne Socken, hirschlederne Handschuhe an den
Händen, ein Schwert in der Hand, das andere an der Seite gegürtet, einen runden
Schild, einen Gürtel und einen Schenkelschutz ohne eiserne Buckel haben und
ohne Hemd kämpfen.
26. Von der Freiheit unserer Stadt.
Unsere Stadt liegt vollständig auf dem Boden des hl. Reichs, deshalb besitzt ein
jeder seinen Grund und Boden und seine Wortstätte frei ohne jeden Zins oder
Abgabe.
27. Niemand kann den Kirchen oder Klöstern irgendwelches Erbe oder andere
unbeweglichen Güter, die innerhalb unserer Stadtmauern oder in unserer Feldmark
liegen und aus Äckern, Wiesen, Mühlen, Weiden oder Fischereien bestehen, ver -
machen oder schenken. Dagegen Bargeld kann er geben, so viel er will und so oft
er will.
31. Wenn zwei Frauen sich zanken, sei es, daß sie sich gegenseitig schlagen oder
sich mit Schimpfworten, die „verbotene Worte“ heißen, streiten, so sollen sie zwei
durch eine Kette verbundene Steine, die zusammen einen Zentner wiegen, durch
die Länge der Stadt auf der Hauptstraße tragen. Zuerst trägt sie die eine von der
Ostenpforte der Stadt bis an die Westenpforte und die andere treibt sie mit einer an
einem Stock befestigten Eisenspitze an, und beide gehen im Hemd. Dann nimmt
die andere die Steine auf ihre Schultern und trägt sie zur Ostenpforte zurück und
umgekehrt stachelt nun die erste sie an.
32. Von dem Schoß
Wenn jemand als meineidig erfunden wird und dann seinen Schoß unterschlagen
hat, so sollen die Ratsherren sein gesamtes Vermögen einziehen, und er darf nicht
mehr als geeigneter Mann [d.h. als glaubwürdiger Zeuge bei Rechtsgeschäften] auftreten
und wird weder zum Ratsherrenamt noch zu einer andern Würde noch zum
Eid zugelassen.
33. Wenn einer unserer Bürger gefangen genommen wird, so sollen die Ratsherren,
so wie sie seine Gefangenschaft erfahren haben, sofort in sein Haus gehen, die
Schlüssel an sich nehmen, und nachdem sie seine gesamte Habe besichtigt haben,
alles abschließen, die Schlüssel mit sich nehmen und sie so lange behalten oder
zurückgeben, wie sie wollen, weil es keinem Bürger erlaubt ist, sich selbst frei -
zukaufen. Wenn jemand sich selbst freikauft, so verfällt sein gesamtes Vermögen
der Bürgerschaft.
35. Wir haben ein gewisses Recht, das „dwernach“ heißt. Es beginnt am Tage nach
Marien-Lichtmeß (= 3. Febr.) und endet am Tage nach dem hl. Swibertus (= 2. März)
und ist folgendes Recht: Wenn ein Bürger einen andern vor Gericht für irgend -
welche Schulden belangt und dieser die Schuld gesteht, so soll er sie sofort am
nächsten Tag vor Sonnenuntergang zahlen, und wenn er nicht zahlt, so wettet er
zweimal dem Richter und zum dritten Mal dem Kläger und muß sich ein Pfand
nehmen lassen. Dasselbe Recht läuft auch von Tag nach Mariä Verkündigung
(= 26. März); es dauert 14 Tage und endet dann.
37. Der von den erlauchten Kaisern eingesetzte und seit alten Zeiten in ganz
Deutschland streng bewahrte Judeneid.
Zuerst betritt der Jude die Synagoge mit dem Richter und dem Kläger und legt seine
rechte Hand vollständig bis zum Ansatz des Armes in das Buch Leviticus [= 2. Buch
Mose]. Dann wird das Buch geschlossen und der [jüdische] Geistliche beginnt dem
Juden den Eid vorzusagen, und so oft der Jude stockt, und der Vorsagende ihm ein
drittes Mal den Eid vorsagt, ohne daß der Jude seinen Worten gefolgt ist, so oft
muß von Anfang an noch einmal begonnen werden, und so oft muß er dem Richter
ein Pfand geben. Dem ihm den Eid vorsagenden (jüdischen) Geistlichen gibt er
für seine Mühe ein Pfund Pfeffer oder den gleichen Wert.
Auf das Buch, welches hebräisch Ellesmot heißt, ist in folgender Weise zu schwören:
Dieser Anklage, der Dich dieser Mann bezichtigt, bist Du unschuldig, daß Dir
Gott, der die Erde schuf und den Himmel emporhub, helfe und sein Gesetz [= die
10 Gebote], die Gott selber schreib mit seinen Fingern auf eine steinerne Tafel, die
er Herrn Moses gab, damit er sie Dir brächte und allen Deinem Geschlechte und
allen denjenigen, die dadurch zu genesen dächten.
Wenn Du aber das Unrecht, dessen Dich dieser Mann bezichtigt, getan hast, mögest
Du so gedeihen wie Sodom und Gomorra tat. Wenn Du Unrecht hast, sollst Du in
eine Salzsäule verwandelt werden, wie es Loths Weib tat, als sie von Sodom ging.
Wenn Du Unrecht hast, soll Dich dasselbe Siechtum anfallen, das Jhezi anfiel, des
Herrn Helyseus Knecht. Wenn Du Unrecht hast, soll Dein Samen nimmermehr mit
anderm Samen gemenget werden, wenn Du Unrecht hast, soll Dich die Erde verschlingen,
wie sie es mit Dathan und Abyron tat. Wenn Du Unrecht hast, soll Deine
Erde nimmermehr mit anderm Erdreich gemenget werden. Wenn Du Unrecht hast,
soll Deine Seele verwiesen werden in die niederste Düsternis. Dieser Eid, den Du
hier diesem Manne geschworen hast, der ist gerecht und kein Meineid, daß Dir
Gott so helfe und die fünf Bücher Mose. Du bittest den Gott, der da ist und hinfort
sein wird ohne Ende, daß er Dir helfe zu Deinem letzten Ende, und wenn Du diesem
Mann recht geschworen hast, so sprich: Amen.
Der Kläger muß für die Eidesleistung den Vorsager entlohnen.
38. Da die Juden vom heiligen Reich mit dem besonderen Recht privilegiert sind,
daß sie die Summe Geld, die „Wettschatz“ heißt, welche sie auf gestohlene oder
geraubte Sachen geliehen haben, mit dem obenstehenden Eid behalten dürfen, ist
zu wissen, daß sie (durch ihren Eid) nichts von dem Pfandgeld auf blutbefleckte
Kleider oder auf Kleider, die naß gemacht sind, um das Blut abzuwaschen, oder
auf zerbrochene oder zerstampfte Kelche behalten, weil die Beschaffenheit dieser
Gegenstände ein offenbares Anzeichen eines verdächtigen und untreuen Erwerbs
ist.
39. Ferner ist zu wissen: wenn ein Jude ein Pfand zum Verkauf auf den Markt schickt
und dieses durch jemand angehalten wird, der sagt, es sei ihm durch Diebstahl oder
Raub fortgenommen worden und er sich anbietet, dies auf dem Wege des Rechts zu
beweisen, so kann der Jude außerhalb der Schwelle seines Hauses keine Ge währ
für das erwähnte Pfand leisten (d.h. er muß den Gegenstand herausgeben, weil er
nur innerhalb seines Hauses den Eid auf gutgläubigen Erwerb schwören durfte).
(Übersetzung: Luise von Winterfeld, Übersetzung des an Memel im Jahre 1254 mitgeteilten
ältesten Dortmunder Stadtrechtes, S. 8-18)
Weitere Dokumente zum Thema
Älteste in deutscher Sprache abgefasste Urkunde
König Konrad IV. bestätigt den Vergleich der Stadt Kaufbeuren mit Folcmar von Kemenathen, 25. Juli 1240

Transkription der Urkunde

Alte Ansicht von Wien um das Jahr 1483 mit Erklärung

Erklärung

Lesestoff
- Groten, Manfred: Die deutsche Stadt im Mittelalter. Reclam 2013.
- Hirschmann, Frank G.: Die Stadt im Mittelalter. De Gruyter 2006.
- Isenmann, Eberhard: Die deutsche Stadt im Mittelalter 1150-1550. Stadtgestalt, Recht, Verfassung, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft. Böhlau 2012.
- Schwarz, Jörg: Stadtluft macht frei: Leben in der mittelalterlichen Stadt. Primus 2008. – Auch als Ebook und Hörbuch erhältlich
Weiterführende Links
- Video: Stadtleben im Mittelalter – musstewissen Geschichte (8 Min.)
- ZDF Doku | Städte im Mittelalter (4 Min.)
- Historisches Lexikon Bayerns: Schedelsche Weltchronik
- Planet Wissen | Friedrich I. Barbarossa
- Liste von Städten mit historischem Stadtkern in Deutschland