Endeckung der Welt

Amundsen und Scott – Der Wettlauf zum Südpol, 1911

Amundsen und Scott – Der Wettlauf zum Südpol, 1911

Anfang des 20. Jahrhunderts ist sie im wahrsten Sinne des Wortes einer der letzten weißen Flecken der Erde: die Antarktis. 1895 bezeichnet der Internationale Geografische Kongress in London die Erforschung der Antarktis als das „größte Werk geografischer Erkundung, das noch unternommen werden muss“. Es ist der Startschuss für den „Wettlauf“ zum Südpol!

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2. Übersetzungen:

Brief Roald Amundsens an den norwegischen König Haakon VII. vom 15. Dezember 1911 mit der Mitteilung über die Ankunft der fünfköpfigen norwegischen „Fram“-Expedition am Südpol (Dok. 2)

Eure Majestät,
hiermit erlaube ich mir zu vermelden, dass fünf Männer der Fram-Expedition, darunter ich selbst, gestern, am 14. Dezember, das Gebiet um den Südpol erreicht haben, gemäß unserer Beobachtungen 89°57′30″ südlicher Breite.
Wir hatten von unserem Winter-Basislager Framheim aus eine erfolgreiche Schlittenfahrt, sind dort am 20. Oktober mit vier Schlitten, 52 Hunden und Proviant für vier Monate aufgebrochen. Wir passierten auf unserem Weg das große Ross-Schelfeis in Richtung Süden, etwa 86° südlicher Breite, und die Verbindung von König-Edward-Land und Victoria-Land am gleichen Ort. Hier endet Victoria-Land und König-Edward-Land erstreckt sich in südwestlicher Richtung, bis ca. 87° südlicher Breite, mit einem eindrucksvollen Gebirgszug, mit Gipfeln von etwa 22.000 Fuß Höhe.
Ich habe mit erlaubt, diese Höhenzüge – mit Ihrer Genehmigung – ,,Königin Maud-Höhenzug” zu nennen.
Bei 88° südlicher Breite gingen die großen Gletscher in ein flaches Plateau über, und bei 89° südlicher Breite begann sich das Gelände leicht abwärts zu neigen. Das Plateau liegt bei etwa 10.750 Fuß.
Wir haben heute den geografischen Südpol mit einem Radius von acht Kilometern markiert, die norwegische Flagge gehisst und dieses Plateau ,,König-Haakon-Plateau” genannt. Ich hoffe, der König gibt uns dafür seine Erlaubnis.
Die Rückreise werden wir morgen mit zwei Schlitten, 16 Schlittenhunden und bestens ausgestattet mit Proviant antreten.
Hochachtungsvoll
Roald Amundsen

 

„Message to the Public“. Robert F. Scotts wenige Stunden vor seinem Tod am 29. März 1912 verfasster Tagebucheintrag über die Gründe für das Scheitern seiner Expedition (Dok. 3)

NACHRICHT AN DIE ÖFFENTLICHKEIT

Die Ursachen für das Desaster sind nicht auf fehlerhafte Organisation zurückzuführen, sondern auf Pech in allen Risiken, die eingegangen werden mussten.

1.) Der Verlust des Pony-Transports im März 1911 zwang mich, später zu starten als ich es vorhatte, und limitierte die Menge an Sachen, die transportiert werden konnten, stark.

2.) Das Wetter während der Hinfahrt und besonders der lange Sturmwind bei 83 Grad südlich stoppte uns.

3.) Der weiche Schnee in den niedrigeren Reichweiten der Gletscher ließ uns ebenfalls an Geschwindigkeit verlieren.

Wir haben gegen diese widrigen Ereignisse angekämpft, aber das hat unsere Proviantreserven angegriffen. Jedes Detail unserer Vorräte, Kleider und unseres Depots auf der inneren Eisschicht und über diese weite Strecke von 700 Meilen zum Pol und zurück funktionierte perfekt.

Die Vorhut hätte in einer guten Verfassung und mit genügend Vorräten vom Gletscher zurückkehren müssen, doch dazu kam es wegen des erstaunlichen Versagens des Mannes, von dem wir Versagen am wenigsten erwartet hatten, nicht. Edgar Evans war der stärkste Mann der Vorhut.

Der Beardmore Gletscher ist bei gutem Wetter nicht schwierig, aber bei unserer Rückkehr erwischten wir keinen einzigen guten Tag. Diese Route mit einem kranken Kameraden gehen zu müssen, hat unsere Ängste verstärkt.

Wie ich schon an anderer Stelle erwähnte: Wir sind in beängstigend raues Eis geraten und Edgar Evans erlitt eine Gehirnverletzung. Er starb eines natürlichen Todes, aber er ließ uns eine verstörte Vorhut zurück, während die Jahreszeit weit fortgeschritten war. Aber all die oben aufgezählten Fakten waren nichts im Vergleich zu der Überraschung, die uns am Schelfeis (Ross-Schelfeis, d. Red.) erwartete.

Ich bleibe dabei, dass unsere Vorbereitungen für die Rückkehr ausreichend waren; und niemand auf der Welt hätte zu dieser Zeit des Jahres mit den Temperaturen und Oberflächen gerechnet, auf die wir stießen.

Auf dem Gipfel bei 85°86° Breite hatten wir minus 20, minus 30 Grad. Auf dem Barrier bei 82 Grad Breite, 10.000 Fuß tiefer, hatten wir tagsüber minus 30 Grad, in der Nacht mit sehr hoher Regelmäßigkeit minus 47 Grad. Dazu kam der der ständige Wind während unserer Tagesmärsche.

Klar ist, dass diese Umstände sehr plötzlich aufkamen, und unser Unglück ist jedenfalls durch die Ankunft dieses schweren Wetters entstanden, was natürlich keine zufriedenstellende Ursache ist.

Ich glaube nicht, dass Menschen je einen solchen Monat überstanden haben, wie wir es taten, und wir hätten trotz des Wetters durchkommen sollen, wäre nicht mit Captain Oates ein zweiter Kamerad erkrankt und wäre nicht ein Mangel an Heizmaterial in unseren Depots aufgetreten, den ich nicht erklären kann, und hätte uns schließlich nicht der Sturm 11 Meilen vor dem Depot erwischt, bei dem wir gehofft hatten, unsere letzten Vorräte zu sichern.