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»Ein liebenswürdiger und gläubiger Mann, ein Literat und hervorragender Redner.«

 

– Ein Franziskaner am Hof des Khans: Mission zu den Mongolen

 

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Übersetzung zu Dokument 1

Brief von Güyük Khan an Papst Innozenz IV. aus dem Jahr 1246

 

Der unendliche Himmel, [wir] der ozeanische Khan des gesamten großen Volkes; unser Befehl.

 

Dies ist ein an den großen Papst entsandter Befehl, auf dass er ihn zur Kenntnis nehme und verstehe.

 

Nach der Zusammenkunft des Rates in den Territorien von Këräl habt Ihr uns eine Forderung nach Unterwerfung zugesandt, die wir von Euren Boten vernommen haben.

 

Und wenn Ihr entsprechend Eurer Worte handelt, kommst Du, der Du der große Papst bist, zusammen mit allen Königen höchstpersönlich, um uns Ehrerbietung zu erweisen. Dann werden wir Euch die Befehle vernehmen lassen, die sich aus der Yâsà [ergeben] [dem von Dschingis Khan bestimmten Gesetz, das besagt, dass mit keinem Volk ohne dessen Unterwerfung Frieden herrschen kann].

 

Andere [Sache]. Ihr habt gesagt, dass es ein Segen wäre, wenn ich die Taufe erhielte. Du hast mich informiert und Du hast mir eine Forderung zugesandt. Diese Forderung haben wir nicht verstanden.

 

Andere [Sache]. Ihr habt mir folgende Worte zukommen lassen: „Ihr habt alle Territorien des Madar [die Madjaren] und des Kiristan [die Christen] ein - genommen; das überrascht mich. Sagt uns, wessen sie sich schuldig gemacht haben?“ Auch diese Deiner Worte verstehen wir nicht.

 

Den Befehl Gottes haben Dschingis Khan und der Qa’an [Ogodei Khan, der Vorgänger Guyuks] beide ausgesandt, damit er vernommen werde. Doch an den Befehl Gottes haben [diese Menschen] nicht geglaubt. Auch jene, von denen Du sprichst, haben großen Rat gehalten, sich sehr arrogant verhalten und unsere Botschafter ermordet. In jenen Territorien [ist es] der ewige Gott gewesen, der die Menschen ermordet und vernichtet hat.

 

Wenn nicht kraft des Befehls Gottes, wie kann jemand nur mit seiner eigenen Kraft ermorden und nehmen?

 

Und wenn Du sagst: „Ich bin Christ; ich bete Gott an, ich verachte und [die anderen]“, woher weißt Du, wen Gott freispricht und zu wessen Gunst er Gnade walten lässt, woher weißt Du, zu wessen Gunst er jene Worte aus - sprechen wird?

 

Mit der Kraft Gottes sind uns alle Territorien vom Morgenland bis zum Abend - land zugestanden worden. Wenn nicht auf Befehl Gottes, wie könnte jemand überhaupt etwas tun?

 

Nun müsst Ihr mit ehrlichem Herzen sagen: „Wir sind [Euch] ergeben; wir schenken [Euch] unsere Kraft.“ Du höchstpersönlich allen Königen voran, alle zusammen, ohne Ausnahme, kommt und bietet uns eure Dienste und Ge - schenke an. In jenem Moment werden wir eure Unterwerfung anerkennen.

 

Und wenn Ihr den Befehl Gottes nicht befolgt und gegen unsere Befehle verstoßt, werden wir Euch Feind sein. Dies ist es, was wir Euch wissen lassen. Wenn Ihr dagegen verstoßt, was werden wir wissen? Gott wird es wissen.

 

In den letzten Tagen des Gumada, der zweite des Jahres 644.

 

(Übersetzung Roberta Grisoni/Andrea Geselle)


Regest zu Dokument 2

Buchmalerei vom Sieg Ghazan Khans über die Sarazenen im Jahre 1299 aus der Nuova Cronica von Giovanni Villani aus dem 14. Jahrhundert

 

f. 162r

Wie Cassan [Ghazan] der Herrscher der Tartaren die Sarazenen besiegte und das Heilige Land in Soria [Syrien]

Der von 200 000 Tartaren und Christen unter Führung des Königs von Armenien und Georgien zu Fuß und zu Pferd begleitete Cassan, Herrscher der Tartaren, stieß in diesem Jahr im Monat Januar auf die Sarazenen zur Rückeroberung des Heiligen Landes. Mehr als 100 000 sarazenische Soldaten waren aus Ägypten gekommen. Am Ende dieser großen und schrecklichen Schlacht ordnete Cassan an, nachdem die Sarazenen alle Pfeile abgeschossen hatten, selbst nun die ihren abzuschießen und auch die von jenen zurück - zuschießen. Auf Befehl bestiegen sie dann die Pferde und bedrängten die Sarazenen, die besiegt wurden und die Flucht ergriffen. Viele von ihnen fanden den Tod. Auf diese Weise gelangten die Gebiete von Soria [Syrien] und Jerusalem an Cassan, der sich andachtsvoll zum Heiligen Grab begab. Da er sich nach Persien begeben musste, wo andere Tartarenherrscher einen Krieg begonnen hatten, sandte er seine Botschafter an Papst Bonifaz VIII., den französischen und andere christliche Könige, damit sie christliche Führer und Leute schickten, um die von ihm eroberten Städte und Gebiete des Heiligen Landes zu behalten. Die Botschaft wurde zwar angehört, aber schlecht umgesetzt, weil der Papst und die anderen christlichen Herrscher eher an ihre eigenen Streitigkeiten und Angelegenheiten als an das Wohl der Christenheit dachten. Mit wenigen Männern und geringen Kosten blieben sie im von Cassan eroberten Heiligen Land, das zur Schande für die Christen aufgegeben wurde. Kurz nach dem Abzug Cassans nahmen die Sarazenen Jerusalem und die Gebiete in Soria [Syrien] wieder ein. Cassan war Sohn des etwas früher erwähnten Argon Khan. Dieser war zwar klein und schmächtig, aber sehr tugendhaft und klug, auf seine Veranlassung war es zum Krieg gekommen, er war ein großer Gönner und Freund der Christen und hatte sich selbst und viele seiner Untertanen in dem Glauben für Christus taufen lassen. Du Leser sollst Dich darüber nicht wundern, dass Cassan mit 200 000 Tartaren anrückte, wir wissen das von einem Florentiner aus dem Haus der Bastari, der auf seinem Hof aufwuchs und der unter der Gesandtschaft an den Papst und den christlichen König war. Man soll sich nicht wundern, dass fast alle Tartaren reiten; ihre Pferde sind klein, nicht beschlagen, brauchen weder Gerste noch Hafer, fressen Gras und Heu der Weide wie die Schafe, ein Tartar führt zwischen zehn und zwanzig Pferde mit sich, je nachdem, wieviel er besitzt, sie reiten hintereinander ohne jede Führung, mit leichten Zügeln und einem dürftigen Sattel. Sie sind mit Pfeil und Bogen bewaffnet, leben von rohem und wenig gekochtem Fleisch, Fischen, Blut der Tiere, Butter und Milch und meist altem Brot, wenn sie Durst haben und kein Wasser finden, trinken sie das Blut ihrer Pferde, die sie töten und auch essen, schlafen ohne Bett auf einer Matte auf der Erde, halten sich immer im Lager auf, gehorchen ihrem Herrn und sind ihm treu, stolz und grausam im Waffenhandwerk, sodass die Tartarenherrscher 200 000 Tartaren zu Pferd mit sich führen, was 10 000 des französischen Königs gleichkomme. Wir haben nun viel von den Bräuchen der Tartaren gesprochen, wer noch mehr davon wissen will, soll das Traktat des Bruder Aiton von Armenien und das Buch von Milione von Venedig [Marco Polo], wie wir es in diesem Buch schon erwähnt haben, lesen.

 

f. 162v

 

Wie Papst Bonifaz VIII. allen Christen, die im Jubeljahr 1300 nach Rom kamen, Vergebung zusagte

Im Jahre 1300 nach Christi Geburt verkündete der zu dieser Zeit regierende Papst Bonifaz VIII. einen vollkommenen Ablass unter Bezugnahme auf das jedes hundertste Jahr nach Christi stattfindende Jubeljahr. Er bestimmte darin, dass jedem Römer, der im Laufe des Jahres dreißigmal und jedem Auswärtigen, der fünfzehnmal die Basilika St. Peter und St. Paul besuchte, die vollkommene Vergebung seiner Sünden und Schuld zuteil werde. Zur Befriedigung der christlichen Pilger wurde jeden Freitag und Festtag das Schweißtuch der Veronika gezeigt. Viele Christen, Männer und Frauen, aus fernen Ländern unternahmen diese Pilgerfahrt. Es handelte sich um ein außer - ordentliches Ereignis, der Pilgerstrom, an die 200 000 Pilger, die nach Rom kamen, wurden alle vom römischen Volk samt ihren Begleitern und Pferden ohne größere Schwierigkeiten versorgt. Von den zahlreichen Opfer gaben an die Kirche profitierten auch die Römer. Pilger, die sich in der Ewigen Stadt befanden, sahen auch die römische Antike und einige lasen auch Schriften Vergils, Salusts, Lucans, Titus Livius‘, Valerius’ und Paulus’ Orosius und anderer Geschichtsschreiber und betrachteten diese auch als Vorbilder.

 

(Regest Christine Maria Grafinger) 


Übersetzung zu Dokument 3

Brief von Ghazan Khan an Papst Bonifatius VIII. aus dem Jahr 1302

 

Das Wort Ghazans

An den Papst

Deine Vorschläge, die guten Worte und der Brief, den Du vormals durch Bisqarun hast überbringen lassen, sind bei uns eingetroffen und als Antwort haben wir über alle drei, den Schwager Kokedei, Bisqarun und Tumen, einen Befehl ausgesendet.

Hinsichtlich der derzeitigen Situation, stehen wir kurz vor dem Beginn der genau in der [in unserem Antwortschreiben zitierten] Art und Weise zu treffenden Vorbereitungen. Bereitet auch Ihr Eure Truppen vor. Versendet die [Benachrichtigung] an die Sultane der verschiedenen Nationen und weicht nicht von dem vereinbarten Zeitpunkt ab. Wir beten zum Himmel und das große Werk [der Krieg gegen die Mameluken] wird für uns [Ghazan] das einzige Ziel [unserer Anstrengungen] sein.

Indem wir [dies] sagen, haben wir Saladin, Sinanadin und Samsadin ausgesandt. Betet auch Ihr zum Himmel und bereitet Eure Truppen vor. Unseren Brief haben wir im Jahr siebenhunderteins, dem Jahr des Tigers, am vierzehnten des letzten Monats im Frühling [12. April 1302] geschrieben, während wir uns in Qos Qabuy befanden.

 

(Übersetzung Roberta Grisoni/Andrea Geselle)

 

BEGRIFFSERLÄUTERUNGEN

Khanat: historisches Staatsgebilde der türkischen und mongolischen Stämme im Sinne eines mittelalterlichen Feudalstaates, regiert von einem Khan

Ilkhan: mongolische Dynastie im Gebiet des heutigen Iran und Irak, Wortbedeutung: Landesfürst

Tamerlan: [osttürk. Temür >Eisen<], bei den Persern Timur-i Läng (>Timur der Lahme<), daraus entstellt Tamerlan, asiat. Eroberer aus türkisiertem mongol. Häuptlingsgeschlecht, geb. bei Käsch (Transoxanien; heute Schahr-i säbs) am 8. April 1336, gest. 19. Januar 1405 in Otrar bei Tschimkent. Setzte sich seit 1360 in Mittelasien durch (seit 1388 mit dem Titel Sultan) und durchzog unter furchtbaren Grausamkeiten bes. gegen Christen, aber auch Muslime, wiederholt Iran und Kaukasien, Indien bis Delhi. Bei der Vorbereitung eines Zuges gegen China starb er. Residierte in Samarkand.

Sarazenen: im Altertum der Name der im NW Arabiens und der Sinai-Halbinsel wohnenden Araber; bei den Byzantinern und den christlichen Schriftstellern des Mittelalters ausgedehnt auf alle Araber und von den Kreuzfahrern auf alle Muslime der Mittelmeerwelt übertragen

Transoxanien: „Land jenseits des Oxus“, alter Name für eine Region in Zentralasien, die heute politisch größtenteils zu Usbekistan gehört.

Uigurische Letter: die Sprache und Literatur der türkischen Handschriften aus Turfan; die zweite Stufe des Alttürkischen, Neu-Uigurisch, die heutige Schriftsprache der Mehrheit der türkischsprachigen Bevölkerung Ostturkestans; mongolische Schrift: Das einzige seit dem 13. Jh. bis heute von Mongolen benutzte Schriftsystem ist die uiguro-mongolische Schrift. Sie geht auf ein ostsyr. Alphabet zurück und verläuft in senkrechten, von links nach rechts zu lesenden Zeilen; heute wird sie nur noch in der Mongolei offiziell verwendet.

Mamelucken: [von arab. Mamluk >in Besitz genommen<, >Sklave<], nachträglich freigelassene Kaufsklaven türkischer Herkunft, die in Ägypten und Syrien Kriegsdienst leisteten und von 1250 bis zur osmanischen Eroberung (1516/17) von Kairo aus diese Gebiete beherrschten.