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Jeder Mensch spielt, aber nicht jeder Mensch spielt dieselben Spiele. Mittelalterliche Spiele waren, so wie heute, nicht nur Abwechslung vom harten Arbeitsalltag und phantasievoller Zeitvertreib für Kopf und Körper. Sie erfüllten pädagogisch-didaktische Aufgaben, erfuhren unterschiedliche gesellschaftliche Anerkennung bzw. Ablehnung, wurden von den einen als harmloser Spaß geschätzt und von den anderen als Teufelszeug verurteilt.

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1. Zusätzliche Dokumente zum Thema

Buch von den Sitten der Menschen und den Pflichten der Vornehmen und Niederen durch das Schachspiel (Ende 13. Jahrhundert)

Biblioteca Apostolica Vaticana


Ende des 13. Jahrhunderts verfasste der Dominikaner Jacobus de Cessolis das Liber de moribus hominum et officiis nobilium ac popularium super ludo scachorum („Buch von den Sitten der Menschen und den Pflichten der Vornehmen und Niederen durch das Schachspiel“) in dem das Schachbrett Babylon darstellt und die Figuren die Stände der zeitgenössischen Gesellschaft symbolisieren. Von dem wegen seiner gesellschaftskritischen Züge sehr populären Werk existieren zahlreiche handschriftliche Ausführungen, darunter jene der Apostolischen Bibliothek, die den Dominikanermönch während einer Predigt mit Bezug auf das Schachspiel zeigt.

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15. und 16. Partie aus der Sammlung „Altri Avvertimenti espressi colle sue tavole“ (Ende 16. Jahrhundert)

 

Biblioteca Apostolica Vaticana


Die ältesten Schach-Handschriften der westlichen Welt überliefern keine Schachpartien, sondern „Kompositionen“ (den heutigen Schachproblemen ähnlich). Einer der Kodizes der Vatikanischen Bibliothek enthält zwei Schachkompositionen mittelalterlichen Ursprungs (13.– 14. Jahrhundert), die allerdings erst im 16. Jahrhundert aufgezeichnet wurden. Sehr interessant ist die 15. Partie der zweiten Folge, die sage und schreibe 23 Züge benötigt, um gelöst zu werden: „Weiß setzt mit Bauer den Schwarzen in 23 Zügen schachmatt, der alle Figuren verliert […]“. Eine recht umständliche und fragwürdige Lösung, die das Ende der mittelalterlichen Kompositionen und die Geburtsstunde des modernen Schachs markierte. Im Mittelpunkt der 16. Partie, ebenfalls auf dem Dokument abgebildet, steht ein Problem, bei dem beide Könige versuchen, die Aufstellung der feindlichen Bauern zu durchbrechen: „Der König nimmt drei Bauern ein, indem er dort aufsprengt, wo sie in gerader Linie absperren […]“.

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2. Lesestoff

  • Lackner, Karin: Spielzeug und Spielformen im Mittelalter. Diplomarbeit, Universität Wien, Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät, 2012. >> Online << 
  • Huizinga, Johan: Homo ludens. Versuch einer Bestimmung des Spielelementes der Kultur, 1949.
  • Holbach, Rudolf: „Der erste Zettel kriegt einen silbernen Becher von 10 Gulden“: zum Verhältnis von Fest, Feiern, Spiel und materieller Kultur in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten, in: Festschrift für Rolf Hammel-Kiesow, 2014, S. 367-381.
  • Kluge-Pinsker, Antje: Schachspiel und Trictrac. Zeugnisse mittelalterdliche Spielfreude in salischer Zeit, 1996.
  • Schädler, Ulrich (Hg.): Spiele der Menschheit. 5000 Jahre Kulturgeschichte der Gesellschaftsspiele, 2007.
  • Altenburg, Detlef; Jarnut, Jörg u. a. (Hrsg.): Feste und Feiern im Mittelalter. Paderborner Symposium des Mediävistenverbandes 1996.