Am 28. September 1197 starb Kaiser Heinrich VI. überraschend im sizilischen Messina. Sein einziger Sohn Friedrich (II.) war noch ein zweijähriges Kind und kam deshalb für die direkte Nachfolge nicht in Frage. Kurz nacheinander wurden deshalb der Staufer Philipp von Schwaben (der Bruder Heinrichs VI.) und der Welfe Otto von Poitou zu Königen gewählt.
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Das Speyerer Versprechen Ottos IV., 22. März 1209 (Dok. 1)
Transkription
IN NOMINE SANCTE ET INDIVIDUE TRINITATIS. OTTO QUARTUS,
DIVINA FAVENTE CLEMENTIA, ROMANORUM REX ET SEMPER
A[U]GUSTUS.
Recognoscentes ab eo nostre promotionis donum misericorditer processisse,
a quo est omne datum optimum et omne donum perfectum, ipsum eiusque
vicarium et sponsam eius sanctam ecclesiam disposuimus et decrevimus
magnifi ce honorare, ut, qui nobis in presenti temporale contulit regnum, in
futura quoque tribuat sempiternum.
Proinde vobis, reverentissime pater et domine summe pontifex Innocenti,
quos pro multis benefi ciis nobis impensis sincerissimo veneramur affectu,
vestrisque catholicis successoribus et ecclesie Romane omnem obedientiam,
honorifi centiam et reverentiam semper humili corde ac devoto spiritu
impendemus, quam predecessores nostri reges et imperatores catholici
vestris antecessoribus impendisse noscuntur, nichil ex hiis volentes diminui,
sed, magis augeri, ut nostra devotio clarius enitescat. Illum igitur abolere
volentes abusum, quem interdum quidam predecessorum nostrorum
exercuisse dicuntur in electionibus prelatorum, concedimus et sanctimus
ut electiones prelatorum libere ac canonice fi ant, quatinus ille prefi ciatur
ecclesie viduate quem totum capitulum vel maior et sanior pars ipsius
duxerit eligendum, dummodo nichil ei obstet de canonicis institutis.
Appellationes autem in negociis et causis ecclesiasticis ad apostolicam
sedem libere fi ant, eorumque prosecutionem sive processum nullus
impedire presumat. Illum quoque dimittimus et refutamus abusum, quem in
occupandis bonis decedentium prelatorum aut etiam ecclesiarum vacantium
nostri consueverunt antecessores committere pro motu proprie voluntatis.
Omnia vero spiritualia vobis et aliis ecclesiarum prelatis relinquimus
libere disponenda, ut que sunt Cesaris Cesari, et que sunt Dei Deo recta
distributione reddantur. Super eradicando autem heretice pravitatis errore
auxilium dabimus et operam effi cacem.
Possessiones etiam, quas ecclesia Romana recuperavit, ab antecessoribus
nostris seu quibuslibet aliis ante detentas, liberas et quietas sibi dimittimus
et ipsam ad eas rettinendas bona fi de promittimus adiuvare. Quas vero
nondum recuperavit, ad recuperandum pro viribus erimus adiutores, et
quecumque ad manus nostras devenient, sine diffi cultate ei restituere
satagemus. Ad has pertinet tota terra que est a Radicofano usque ad
Ceperanum, marchia Anconitana, ducatus Spoletanus, terra comitisse
Mahtildis, comitatus Brittenorii, exarchatus Ravenne, Pentapolis, cum aliis
adiacentibus terris expressis in multis privilegiis imperatorum et regum a
tempore Lodwici, ut eas habeat Romana ecclesia in perpetuum, cum omni
iurisditione, districtu et honore suo. Verumtamen cum ad recipiendum
coronam imperii vel pro necessitatibus ecclesie ab apostolica sede vocati
venerimus, de mandato summi pontifi cis recipiemus procurationes sive
fodrum ab illis. Adiutores etiam erimus ad rettinendum et defendendum
ecclesie Romane regnum Sicilie ac cetera iura que ad eam pertinere
noscuntur, tamquam devotus fi lius et catholicus princeps.
Ut autem hec omnia memorato sanctissimo patri nostro domino Innocentio
sacrosancte Romane ecclesie summo pontifi ci eiusque successoribus per
nos et nostros successores Romanorum imperatores et reges observentur
fi rmaque et inconvulsa semper permaneant, presens privilegium
conscriptum maiestatis nostre aurea bulla iussimus communiri.
SIGNUM DOMINI OTTONIS QUARTI ROMANORUM RECIS (!)
INVICTISSIMI. (M.)
Ego Conradus, Spirensis episcopus, vice domini Sifridi, Maguntini
archiepiscopi et tocius Germanie archicancellarii, regalis aule cancellarius,
recognovi. Acta sunt hec anno dominice incarnationis millesimo CC°. VIIII.,
indictione XIIa, regnante domino Ottone quarto Romanorum rege glorioso,
anno regni eius undecimo.
Datum apud Spiram XI° kalendas Aprilis.
Übersetzung
Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit, Otto der Vierte,
durch den Beistand der göttlichen Gnade König der Römer und allzeit der
Erhabene.
In der Erkenntnis, dass das Geschenk unserer Erhebung von dem in
seiner Erbarmung ausgegangen ist, „von dem jede gute Gabe und
jedes vollkommene Geschenk kommt“, haben wir angeordnet und beschlossen,
ihn selbst, seinen Stellvertreter und seine Braut, die hl. Kirche, in großer
vollbringender Weise zu ehren, damit derjenige uns auch in Zukunft die
ewige zuteil werden lasse.
Daher werden wir euch, ehrwürdigster Vater und Herr, Oberster Pontifex
Innocenz, den wir wegen der vielen uns erwiesenen Wohltaten in auf-
richtigster Liebe verehren, euren katholischen Nachfolgern und der römischen
Kirche stets allen Gehorsam, alle Ehrbezeugung und Ehrerbietung aus
demütigem Herzen und unterwürfigem Geiste erweisen, die unsere
Vorgänger, die katholischen Könige und Kaiser, euren Vorgängern
bekannterweise erwiesen haben, willens, nichts davon zu vermindern,
sondern es noch stärker zu vermehren, damit unsere Ergebenheit heller
hervorstrahle.
Weil wir deshalb jenen Missbrauch abschaffen wollen, den bisweilen einige
unserer Vorgänger bei den Wahlen der geistlichen [Reichs]fürsten ausgeübt
haben sollen, gewähren und setzen wir fest, dass die Wahlen der geistlichen
[Reichs]fürsten frei und kanonisch vor sich gehen sollen, so dass derjenige
mit der Leitung der verwaisten Kirche betraut werden soll, den das ganze
Kapitel oder dessen größerer und weiserer Teil zu wählen beschloss,
gesetzt, dass ihm keine der kanonischen Bestimmungen entgegenstehe.
Berufungen aber in kirchlichen Angelegenheiten und Rechtssachen an den
Apostolischen Stuhl sollen frei vor sich gehen, und niemand soll es wagen,
ihre Verfolgung oder ihren weiteren Verlauf zu hindern.
Auch jenen Missbrauch geben wir aus eigenem Willensantrieb auf und
lehnen ihn ab, den unsere Vorgänger bei der Besitznahme der Habe der
aus dem Leben scheidenden geistlichen [Reichs]fürsten oder auch der
unbesetzten Kirche auszuüben pflegten. Vollends alles Geistliche überlassen
wir euch und den anderen geistlichen [Reichs]fürsten zur freien Verfügung,
damit in richtiger Verteilung was „des Kaisers ist, dem Kaiser, und was
Gottes ist, Gott zurückgegeben“ werde.
Bei der Ausrottung des Irrtums ketzerischer Verderbtheit aber werden wir
mit Nachdruck Hilfe und Unterstützung gewähren.
Auch überlassen wir der römischen Kirche frei und in Frieden die
Besitzungen, die sie zurückerobert hat und die von unseren Vorgängern
oder von einigen anderen früher zurückbehalten worden waren, und
versprechen, sie guten Glaubens bei der Behauptung derselben zu
unterstützen. Die aber, die sie noch nicht zurückerobert hat, werden wir
nach unseren Kräften zurückzuerobern helfen, und was immer in unsere
Hände gerät, werden wir eifrig bemüht sein, ihr ohne Schwierigkeiten
zurückzuerstatten. Dazu gehört das ganze Land von Radicofani bis
Ceperano, die Mark[grafschaft] Ancona, das Herzogtum Spoleto, das Land
der [Mark]gräfin Mathilde, die Grafschaft Bertinoro, das Exarchat Ravenna,
die Pentapolis mit den anderen angrenzenden Ländern, die in vielen
Privilegien der Kaiser und Könige seit der Zeit Ludwigs [I. des Frommen]
ausdrücklich genannt sind, auf dass die römische Kirche sie für immer mit
aller Jurisdiktion und Landeshoheit und dem districtus besitze.
Wenn wir aber zum Empfang der Krone des Kaiserreichs oder den Nöten
der Kirche auf den Ruf des Apostolischen Stuhles kommen, werden wir auf
Befehl des obersten Pontifex von jenen Verpflegung und Steuer in Empfang
nehmen.
Auch werden wir als ergebener Sohn und katholischer Fürst helfen, der
römischen Kirche das Königreich Sizilien und die übrigen Rechte, die ihr
anerkanntermaßen zustehen, zu erhalten und zu verteidigen.
Damit aber dies alles unserem vorgenannten heiligsten Vater Herrn Innocenz,
dem obersten Pontifex der hochheiligen römischen Kirche, und seinen
Nachfolgern von uns und unseren Nachfolgern, den Kaisern und Königen
der Römer, eingehalten werde und stets fest und unverbrüchlich in Geltung
bleibe, haben wir das vorliegende, schriftlich aufgezeichnete Privileg mit
unserer Majestät Goldbulle bekräftigen lassen.
Signum des Herrn Otto des Vierten, des unbesiegten Königs der Römer.
Ich, Konrad, Bischof von Speyer, Kanzler des königlichen Hofes, habe es
in Vertretung des Herrn Siegfried, Mainzer Erzbischofs und Erzkanzler ganz
Deutschlands, beglaubigt.
Geschehen im Jahr der Fleischwerdung des Herrn 1209, im zwölften Römerzinsjahr,
unter der Regierung des Herrn Otto des Vierten, ruhmvollen Königs
der Römer, im elften Jahr seiner Regierung.
Gegeben zu Speyer in den elften Kalenden des April.“
Die letztwillige Verfügung des Kaisers vom 18. Mai 1218 (Dok. 3)
Transkription
In nomine sancte et individue Trinitatis. Dei gratia Otto quartus Romanorum
imperator et semper augustus dilectis fi delibus suis Heinrico fratri suo
palatino comiti Rheni, ministerialibus suis et universis burgensibus in
Bruneswic et omnibus hoc scriptum intuentibus salutem in eo qui est salus
omnium.
Que temporaliter acta sunt, ne instabilem temporis sequantur naturam,
testimonio literarum memorie sunt commendanda. Nos igitur ob remedium
anime nostre testamentum nostrum facientes, omni affectione qua possumus
te, frater Heinrice palatine comes Rheni, rogamus, ut si Deus, in cuius
ditione cuncta sunt posita, preceptum suum de nobis fecerit, ut universe
carnis viam ingrediamur, quatinus pro amore Dei et in ea fi de, qua nobis
hominio et fraternitate astrictus es, sanctam crucem, lanceam et coronam,
dentem sancti Iohannis baptiste et imperialia insignia, preter pallium
nostrum quod dandum est ad Sanctum Egidium, viginti septimanas post
decessum nostrum conserves et nulli hominum sub celo representes, nisi ei
quem principes unanimiter elegerint et iuste, aut ei qui nunc est electus, si
principes in eum consenserint; et pro hiis representandis, pro honore Dei et
nostra salute, nullam acceptes pecuniam, nisi nostrum et tuum patrimonium
per ipsa imperialia possis requirere; quod si non potest fi eri, super gratiam
ipsius, qui habiturus est regnum, que prefata sunt omnia resignes. Rogamus
etiam vos fi dissimi ministeriales sub fi delitatis debito, et vos dilecti et
fi deles cives nostri in Bruneswic, ut hiis omnibus promovendis fi deliter et
effi caciter, sicut vobis confi dimus, assistatis.
Ad hec volumus, ut uxor nostra cum dapifero Gunzelino et fi delibus nostris
castrum Harlungeberch possideat, donec quicumque rex vel imperator est,
aut frater noster seu uxor nostra dominabus in Waltingeroth de expeditis
bonis annuatim triginta marcas perpetualiter et immutabiliter assignet, et
eos qui montis heredes sunt a sua portione cedere fatiat per restaurum ipsis
bene placitum. Tunc uxor nostra reddat castrum imperio aut fratri nostro.
Sed si processum non habet de castro ut pretactum est, volumus ut castrum
destruatur. Omnes reliquias, quas pater noster habuit et nos habemus,
Deo et sancto Iohanni baptiste et sancto Blasio in Bruneswic perpetualiter
offerimus, preter unum brachium, quod uxori nostre representabitur.
Quicquid autem in auro et in gemmis et clenodiis habemus, damus uxori
nostre.
Castrum in Quidelingeburch destrui volumus antequam abbatisse reddatur;
destructa vero munitione, locus cum ecclesia restituatur abbatisse, et
nostrum frumenturn, quod ibi est, et reliqua, quibus argentum comparari
potest, abbatisse et eius conventui dentur pro remedio anime nostre,
preter balistas, que dabuntur transmarinare volentibus, ut super hostes Dei
torqueantur; et annona que Aschersleve ablata fuit reddi debet hominibus et
inter ipsos distribui.
Iurabunt itaque Gunzelinus dapifer et Ecbertus fi lius suus, ut castrum
Wallebeke teneant annum, infra quem terminum mittet ad apostolicum
frater noster. Si in voluntate ipsius et eorum, qui heredes montis sunt,
castrum habere potest cum salute anime nostre, representabitur fratri nostre
castrum; si non potest fi eri cum salute anime nostre, castrum destruatur.
Advocatiam nostram in Wallebeke, quam denariis nostris comparavimus,
ipsius loci conventui offerimus. Castrum Hartisburch representabitur imperio
et eidem cedet turris quam in eo construximus. Comites de Waldenberch
habeant feodum suum, Luthardus de Meinershem feodum suum, Alardus
de Burcthorp turrim suam cum feodo suo, et alii, sicut ab imperio tenere
debent, habeant feodum suum. Castrum Lewenburch reddatur Ottoni de
Luneburch nepoti nostro, quia patrimonium suum est et eius cessit portioni.
Castrum Varsfelde reddatur Gardolfo de Hathemersleve, sed si frater noster
vult habere, dabit pro ipso centum marcas.
Omnia bona nostra in Keverlingeburch et ipsum locum cum ecclesiis, cum
agris, cum pascuis, cum pratis, cum silvis et piscaturis et cum omni illa
integritate, qua hec et alia omnia ipsi loco contuleramus, Deo et sancte
Marie, sancto Iohanni baptiste et sancto Blasio in Bruneswic offerimus,
eo videlicet ordine, ut conventus de Sancto Blasio statuat ibi sacerdotem,
diaconum, subdiaconum, ut sint ibi divina in honore Dei et beate Marie
virginis indesinenter pro anime nostre salute, reliqua vero omnia ad
prebendam suam utiliter convertant. Rogamus et te, frater karissime, omni
qua possumus intentione et diligentia, ut hanc nostram ordinationem
fi rmam et inconvulsam teneas pro amore Dei et nostra et tua salute,
quoniam speramus et credimus, istud honestius esse Deo et anime nostre
et tue salubrius, quam prescriptus locus in eo statu quo fuit contra nostram
salutem male periret.
Ut autem hec nostra voluntas effectui mancipetur ad laudem Dei et ad
salutem anime nostre, hoc scriptum nostro sigillo corroborari fecimus,
omnem aditum malignandi usque quaque precludentes.
Huius rei testes sunt: Sifridus episcopus Hildeneshemensis, Conradus
decanus, Conradus cantor, Conradus scolasticus, Heinricus de Tossem,
Bertoldus canonicus Sancti Mauritii, magister Marsilius canonicus Sancte
Crucis; laici vero comes Heinricus de Waldenberch, Luthardus de
Meinershem, Gunzelinus dapifer, Alardus de Borhthorp, Wernerus de
Lengethe, Bertoldus de Wetelemstide, Heinricus de Urethe, Rotherus de
Velthem, Iohannes de Bornem, et alii quam plures.
Datum Hartisburch, XV. Kalendas Iunii.
Übersetzung
Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit, Otto der Vierte,
von Gottes Gnaden Kaiser der Römer und allzeit der Erhabene, seinen
lieben Getreuen, seinem Bruder Heinrich, Pfalzgrafen bei Rhein, seinen
Dienstleuten und sämtlichen Bürgern zu Braunschweig und allen, die
dieses Schriftstück einsehen, Heil im Namen dessen, der aller Heil ist.
Was auf Erden geschieht, muss, damit es nicht dem vergänglichen Wesen
der irdischen Zeit verfalle, durch das Zeugnis der Schrift dem Gedächtnis
eingeprägt werden.
Indem Wir also zur Rettung Unserer Seele Unsere letztwillige Verfügung
treffen, bitten Wir mit allem möglichen Nachdruck dich, Bruder Heinrich,
Pfalzgraf bei Rhein, wenn Gott, in dessen Macht alles steht, Uns seinen
Befehl gibt, den Weg allen Fleisches zu gehen, mögest du aus Liebe zu
Gott und in der Treue, zu der du Uns durch Mannschaft und Bruderschaft
verpflichtet bist, das heilige Kreuz, die Lanze und die Krone, den Zahn
des heiligen Johannes des Täufers und die kaiserlichen Herrschaftszeichen
(außer Unseren Mantel, der nach St. Ägidien gegeben werden soll) zwanzig
Wochen nach Unserem Hinscheiden aufbewahren und keinem Menschen
unter dem Himmel übergeben, nur dem, den die Fürsten einmütig und
rechtens wählen, oder dem jetzt Erwählten, falls die Fürsten sich auf ihn
einigen; und für deren Übergabe sollst du bei der Ehre Gottes und Unserem
Seelenheil kein Geld annehmen, es sei denn du könntest Unser und dein
Vätererbe durch diese kaiserlichen Herrschaftszeichen zurück erwerben;
wenn das nicht möglich ist, solltest du alles Zuvor genannte der Gnade
dessen anheim stellen, der das Königtum besitzen wird. Wir bitten auch
euch, hochgetreue Dienstmannen, unter der Treuepflicht und euch, Unsere
lieben und getreuen Bürger in Braunschweig, dass ihr bei der Durchführung
alles dessen treu und wirksam, so wie Wir euch vertrauen, Beistand leistet.
Außerdem wollen Wir, dass Unsere Gemahlin [die Kaiserin Maria] zusammen
mit dem Truchsess Gunzelin und Unseren Getreuen die Burg Harliberg
solange besitzen soll, bis derjenige, der dann König oder Kaiser ist, oder
Unser Bruder [Heinrich] oder Unsere Gemahlin [Maria] den Klosterfrauen
von Wöltingerode von den gefreiten Gütern jährlich dreißig Mark für
immer und ewig und unabänderlich zuweisen, und die Erben des Berges
soll er auf ihren Anteil verzichten lassen für einen ihnen genehmen Ersatz.
Dann soll Unsere Gemahlin die Burg dem Reich oder Unserem Bruder
übergeben. Wenn jedoch das Verfahren wegen der Burg nicht so läuft, wie
zuvor angegeben, soll die Burg nach Unserem Willen zerstört werden. Alle
Reliquien, die Unser Vater [Heinrich der Löwe] besaß und Wir jetzt besitzen,
übergeben Wir Gott und dem Stift von St. Johannes dem Täufer und St.
Blasius in Braunschweig für immer und ewig – ausgenommen den einen
Arm, der Unserer Gemahlin [Maria] übergeben werden soll. Was Wir aber
an Gold, Gemmen und Kleinodien haben, geben Wir Unserer Gemahlin.
Die Burg in Quedlinburg soll nach Unserem Willen zerstört werden, bevor
sie an die Äbtissin zurückgegeben wird; nach der Zerstörung der
Befestigung aber soll der Ort mit der Kirche an die Äbtissin zurückgegeben
werden, und Unser Korn, das dort ist, und das übrige, womit man sich
Silber verschaffen kann, soll man der Äbtissin und ihrem Konvent zur
Rettung unserer Seele geben – abgesehen von dem Geschütz, das denen
gegeben werden soll, die übers Meer fahren wollen, damit es wider
die Feinde Gottes gespannt wird; und die jährliche Kornabgabe, die zu
Aschersleben abgeholt wurde, soll den Leuten gegeben und unter sie
verteilt werden. Truchseß Gunzelin [von Wolfenbüttel] und sein Sohn
Egbert sollen schwören, dass sie die Burg Walbeck ein Jahr lang innehaben
werden; innerhalb dieser Frist soll Unser Bruder [Heinrich] Gesandte zum
Apostolischen Stuhl schicken. Wenn er mit Zustimmung von jenem und
den Erben des Berges die Burg beim Heil meiner Seele halten kann, soll
die Burg Unserem Bruder übergeben werden; wenn das beim Heil meiner
Seele nicht geschehen kann, soll die Burg zerstört werden. Unsere Vogtei in
Walbeck, die Wir mit Unseren Silberpfennigen gekauft haben, übereignen
Wir dem Konvent dieses Ortes.
Die Burg Harzburg soll dem Reich übergeben werden, und darauf geht
auch der Turm über, den Wir gebaut haben. Die Grafen [Hermann und
Heinrich] von Wohldenberg sollen ihr Lehen haben, Luthard von Meinersen
soll sein Lehen, Alard von Burgdorf seinen Turm mit seinem Lehen, und die
anderen sollen ihr Lehen haben, wie sie es vom Reich innehaben müssen.
Die Burg Lauenburg soll Otto von Lüneburg, Unserem Neffen, ausgehändigt
werden, denn es ist sein Vatererbe und ist seinem Anteil zugefallen.
Die Burg Vorsfelde soll Gardolf von Hadmersleben ausgehändigt werden,
aber wenn sie Unser Bruder [Heinrich] besitzen will, soll er ihm dafür
hundert Mark [Silber] geben.
All Unsere Güter in Scheverlingeburg und die Stätte selbst mit den
Kirchen, Äckern, Weiden, Wiesen, Wäldern, Fischwassern und mit aller
Vollständigkeit, mit der Wir dies und alles andere dieser Stätte verliehen
hatten, übereignen Wir Gott und der heiligen Maria sowie St. Johannes
dem Täufer und St. Blasius in Braunschweig, und zwar in der Weise, dass
das Domkapitel zum heiligen Blasius dort einen Priester, einen Diakon und
einen Subdiakon einsetzt, damit es dort die heilige Liturgie zur Ehre Gottes
und der heiligen Jungfrau Maria unaufhörlich zum Heil meiner Seele gibt;
alles übrige aber sollen sie nutzbringend für ihre Pfründe verwenden. Wir
bitten auch dich, geliebter Bruder, mit aller möglichen Nachdrücklichkeit,
Entschiedenheit und Entschlossenheit, dass du diese Unsere Verfügung fest
und unverbrüchlich hältst – aus Liebe zu Gott und zu Uns sowie für dein
Heil –, denn Wir hoffen und glauben, dass dies ehrenvoller ist bei Gott und
heilsamer für Unsere Seele und deine, als wenn dieser genannte Ort in dem
Zustand, in dem er sich befand, Unserem Heil zuwider elend zugrunde
ginge.
Um aber diesen Unseren Willen zum Lobe Gottes und zum Heile
Unserer Seele der Verwirklichung zuzuführen, haben Wir dieses Schrift stück mit
Unserem Siegel versehen lassen und somit der Missetat jeden Zugang für
stets und ständig versperrt.
Zeugen dieses [Vorgangs] sind: Siegfried, Hildesheimer Bischof, [Dom]dekan
Konrad, [Dom]kantor Konrad, [Dom]scholastikus Konrad, Heinrich von
Tossen, Bertold, Stiftsherr von St. Mauritius, Magister Marsilius, Stiftsherr
vom Hl. Kreuz; Weltliche: Graf Heinrich von Wohldenberg, Luthard von
Meinersen, Truchsess Gunzelin, Alard von Burgdorf, Werner von Lengede,
Bertold von Wedtlenstedt, Heinrich von Uehrde, Rother von Veltheim,
Johannes von Bornum und sehr viele andere.
Gegeben [zu] Harzburg, in den 15. Kalenden des Juni.“
Transkriptionen:
Regestum domini Innocentii tertii papae super negotio Romani imperii,
hg. v. Fr. Kempf (= Miscellanea historiae pontifi cae IX), Rom 1947 – Für
akademische Übungen hg. von W. Holtzmann (u.d.T.: Das Register Papst
Innozenz III. über den deutschen Thronstreit), 2 Teile, Bonn 1948, S. 400 –
402
Monumenta Germaniae Historica - Legum sectio IV: Constituitiones et acta
publica impertorum et regum tomus II, ed. L. Weiland, Hannover 1896, Bd. 2
Nr. 42
Übersetzungen: Bernd Ulrich Hucker
Literatur
- EHLERS, Joachim: Heinrich der Löwe. Eine Biographie, München 2008
- HUCKER, Bernd Ulrich: Kaiser Otto IV. (= MGH Schriften 34), Hannover 1990
- DERS.: Otto IV. – der wiederentdeckte Kaiser (= Insel-Tb 2557), Frankfurt a. M. 2003 [Neuaufl. in Vorbereitung];
- DERS.: Otto IV. – ein Welfe wird Kaiser. 2 Originalurkunden zur Geschichte des Herrschers: sein Speyrer Versprechen (1209) und Testament (1218) (= Meine Stadt –
- Braunschweig 1), Braunschweig 2009
- DERS. u. Patricia Charlotta STEINFELD: »Kaiser Otto IV. (1198-1218)«. Des Kaisers roter Faden, Braunschweig 2009
- NIX, Matthias: Untersuchungen zur Funktion der politischen Spruchdichtung Walthers von der Vogelweide (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik 592), Göppingen 1993
- Otto IV. – Kaiser und Landesherr. Burgen und Kirchenbauten 1198 –1218, hg. von B. U. HUCKER u. J. LEUSCHNER (= Salzgitter-Jahrb. 29), Salzgitter 2009;
- Otto IV. – Traum vom welfischen Kaisertum, Ausstell.-Kat., hg. von B. U. HUCKER u.a., Petersberg 2009
- SCHNEIDMÜLLER, Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung (819-1252) (= Urban-Tb 465), Stuttgart 2000.