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Nach dem siegreichen Ende der Befreiungskriege, die eine Allianz europäischer Mächte gegen Frankreich unter seinem Kaiser Napoleon Bonaparte geführt hatte, brach das napoleonische Herrschaftssystem zusammen; es musste also die Neuordnung Europas in Angriff genommen werden. Ein erster Schritt war der am 30. Mai 1814 unterzeichnete erste Friede von Paris mit sehr milden Friedensbedingungen, die Frankreich sein Territorium beließen und Reparationszahlungen ersparten. Auch einige andere offene Fragen konnten gelöst werden, jedoch bei Weitem nicht alle, weshalb die Mächte beschlossen, diesbezüglich einen Kongress abzuhalten; man einigte sich auf Wien als Tagungsort.

Wiener Kongress 1815

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Inhalt

1. Wiener Kongressakte vom 9. Juni 1815, Artikel 15 - 19 (Dokument 1)

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1. Übersetzung zu Dokument 1

Wiener Kongressakte vom 9. Juni 1815, Artikel 15 - 19

Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv (Wien), AUR 1815 VI 9


Art. XV
Se. Maj. der König von Sachsen entsagt auf ewige Zeiten für sich und alle seine Nachkommen und Nachfolger zu Gunsten Sr. Maj. des Königs von Preussen, allen seinen Rechten und Ansprüchen auf die hernach bezeichneten Provinzen Districte und Gebiete oder Gebietstheile des Königreichs Sachsen, und Se. Maj. der König von Preussen wird diese Länder mit voller Souveränität und Eigenthumsrechte besitzen. Diese also abgetretenen Districte und Gebiete werden von dem übrigen Theile des Königreichs Sachsen durch eine Linie geschieden, welche künftig die Gränze zwischen dem Preussischen und Sächsi­schen Gebiete ausmachen wird, dergestalt, daß alles was innerhalb dieser Gränzlinie enthalten ist, Sr. Maj. dem Könige von Sachsen zurückgegeben wird; Se. Majestät hingegen auf alle außerhalb dieser gelegenen, Ihnen vor dem Kriege gehörigen Districte und Gebiete Verzicht leisten. Diese Linie wird von der böhmischen Gränze bei Wiese, in der Gegend von Seidenberg anfangen, und an dem Flusse Wittich hingehen, bis zu dessen Vereinigung mit der Neisse. Von der Neisse geht sie zwischen Tauchritz, welches an Preussen kommt, und Bertschoff, welches bei Sachsen bleibt zum Eigener Kreise, und an der nördlichen Gränze dieses Kreises hin, bis zu dem Winkel zwischen Paulsdorf und Oberschland; von da wird sie fortgezogen bis zu der Gränze zwischen dem Görlitzer und Bautzener Kreise, dergestalt daß Ober-, Mittel- und Niederschland, Olisch und Radewitz bei Sachsen bleiben.

Die große Poststraße zwischen Görlitz und Bautzen wird zu Preussen gehören bis zu der Gränze zwischen vorgenannten beiden Kreisen. Dann wird diese Linie der Gränze des Kreises bis Dubrauke folgen, hierauf bis auf den Höhen rechts vom Löbauer Wasser fortziehen, so daß dieser Fluß mit seinen beiden Ufern und den daran gelegenen Orten bei Neudorf nebst diesem Dorfe bei Sachsen bleiben.

Hierauf geht diese Linie an die Spree und Schwarzwasser zurück, Liska, Hermsdorf, Ketten und Solchdorf kommen an Preussen.

Von der schwarzen Elster bei Solchdorf wird eine gerade Linie bis zur Gränze der Herrschaft Königsbrück bei Groß-Gräbchen gezogen. Diese Herrschaft bleibt bei Sachsen, und die Linie wird an der nördlichen Gränze derselben bis zur Gränze des Amtes Grossenhayn in der Nähe von Ortrand hin. Ortrand und die Straße von diesem über Merzdorf, Stolzenhayn, Gröbeln bis Mühlberg, nebst den Dörfern durch welche sie geht, fallen unter Preussische Hoheit und zwar dergestalt daß kein Theil jener Straße außerhalb des preussischen Gebietes bleibt.

Von Gröbeln wird die Gränze an die Elbe bei Fichtenberg gezogen und an der Gränze des Amtes Mühlberg hinlaufen. Fichtenberg kommt an Preussen.

Von der Elbe bis zur Gränze von Merseburg wird sie dergestalt bestimmt werden, daß die Ämter Torgau, Eilenburg und Delitzsch an Preussen fallen, die Ämter Oschatz, Wurzen und Leipzig aber bei Sachsen bleiben.

Die Gränzlinie folgt den Gränzen der genannten Aemter, indem sie einige ganz und halb eingeschlossene Punkte abschneidet. Die Straße von Mühlberg nach Eilenburg wird ganz zu dem preussischen Gebiet gehören. Von Podelwitz, zum Amte Leipzig gehörend und bei Sachsen bleibend bis nach Eytra, ebenfalls sächsisch bleibend, wird die Gränzlinie das Merseburger Land durchschneiden, dergestalt daß Breitenfeld, Hänichen, Groß- und Klein-Dolzig, Markt-Ranstädt und Knaut-Nauendorf bei Sachsen bleiben; Modelwitz, Kauditz, Klein-Liebenau, Alt-Ranstädt, Schköhlen und Zetschen an Preussen fallen. Von da wird die Gränzlinie das Amt Pegau zwischen dem Floßgraben und der weißen Elster durchschneiden. Jener wird von dem Punkte an, wo er sich oberhalb der Stadt Crossen (Amt Haynsburg) von der weißen Elster trennt, bis zu dem Punkte, wo er unterhalb Merseburg in die Saale fällt, in seinem ganzen Laufe zwischen diesen beiden Städten mit seinen beiden Ufern zum preussischen Gebiete gehören. Von da wo die Gränzlinie die Gränze des Zeitzer Landes berührt wird sie derselben fortlaufen bis zur Gränze des Altenburger Landes bei Lukau.

Die Gränzen des Neustädter Kreises, welcher gänzlich unter preussische Herrschaft kommt, bleiben wie sie sind.

Die im Voigtland, in Reussischen Landes eingeschlossenen Orte, nehmlich Gefäll, Blintendorf, Sparenberg und Blankenberg, sind in dem preussischen Antheile mit enthalten.


Art. XVI
Die Provinzen und Districte des Königreichs Sachsen, welche unter die Herrschaft Sr. Maj. des Königs von Preussen kommen, werden den Nahmen des Herzogthums Sachsen erhalten, und Se. Maj. werden zu ihren übrigen Titeln, den Titel eines Herzogs von Sachsen, Landgrafen von Thüringen, Markgrafen von beiden Lausitzen und Grafen von Henneberg hinzufügen. Se. Maj. der König von Sachsen werden den Titel eines Markgrafen von der obern Lausitz zu führen fortfahren. So werden Se. Maj. auch fortfahren, in Ansehung und auf den Grund ihrer eventuellen Erbrechte auf die Besitzungen der Ernestinischen Linie, den Titel eines Landgrafen von Thüringen und Grafen von Henneberg zu führen.


Art. XVII
Oesterreich, Rußland, Groß-Brittanien und Frankreich leisten Sr. Maj. dem Könige von Preussen, ihren Nachkommen und Nachfolgern, Gewähr für den Besitz der im XV. Artickel angegebenen Länder mit voller Souveränität und Eigethumsrecht.


Art. XVIII
Se. Kais. Kön. Apostolische Maj. in der Absicht Sr. Maj. dem Könige von Preussen einen neuen Beweis zu geben, wie sehr Sie wünschen, jeden Gegenstand künftiger Streitigkeiten zwischen beiden Höfen zu entfernen, entsagen für Sich und Ihre Nachfolger aller Rechten der Lehnsherrlichkeit über die Markgrafschaften Ober- und Nieder-Lausitz, welche Ihnen als König von Böhmen zu­­­­stehen, in so fern Sie denjenigen Theil dieser Provinzen betreffen, welcher Kraft des mit Sr. Maj. dem Königs von Sachsen zu Wien am 18. Mai 1815 geschlosse­nen Ver­­trages, unter die Herrschaft Sr. Majestät des Königs von Preussen kommet.

Was das Rückfallsrecht Sr. K. K. Apostolischen Maj. auf diesen mit Preussen vereinigten Theil der Lausitzen betrifft: so wird solches auf das jetzt in Preussen regierende Haus Brandenburg übertragen, wobei Se. K. K. Apostolische Maj. sich für sich und Ihre Nachfolger die Befugnis vorbehalten, im Fall des Er­­löschens des gedachten regierenden Hauses in dieses Recht wieder einzutreten.

Auch leisten Se. K. K. Apostolische Maj. zu Gunsten Sr. K. Preussischen Maj. Verzicht auf die böhmischen Districte, welche in dem an Se. K. Preussische Maj. durch den Vertrag vom 18. Mai 1815 abgetretenen Theile der Oberlausitz eingeschlossen sind, und welche die Ortschaften Guntersdorf, Taubentränke, Neukretschen, Nieder-Gerlachsheim, Winkel und Ginkel mit ihren Gebieten enthalten.


Art. XIX
Se. Maj. der König von Preussen und Se. Maj. der König von Sachsen, wünschend auf das sorgfältigste jeden Gegenstand künftiger Weiterungen oder Streitigkeiten zu entfernen, entsagen jeder für seinen Theil und wechselseitig zu Gunsten des andern Theiles allen Rechten und Ansprüchen der Lehnsherrlichkeit welche sie außerhalb der im gegenwärtigen Vertrage bestimmten Gränzen ausgeübt haben, oder hätten ausüben können.

(Übersetzung: Haupt-Vertrag des zu Wien versammelten Congresses der europäischen Mächte, Fürsten und freien Städte nebst 17 besonderen Verträgen. Erste Abtheilung die Haupt-Urkunde enthaltend. Der Deutsche Bund. Eine Zeitschrift für das öffentliche Recht Deutschlands und der gesammten deutschen Länder, hg. v. dem Geheimrathe Dr. Schmid zu Hildburghausen 1815, S. 20–33)