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Dokumente der Hanse

Je nach Perspektive lässt sich die Hanse als Vereinigung von Kaufleuten oder als Städtebund verstehen, wobei die wirtschaftlichen und politischen Führungsschichten der Hansestädte miteinander verschmolzen. In jedem Fall stellt sie für die Zeit des ausgehenden 12. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts ein hervorragendes Beispiel für die bereits im Mittelalter praktizierten Formen der Kommunikation, der Konsensfindung und der Konfliktlösung dar.

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Übersetzung zu Dokument 1

Artlenburger Vertrag von 1161

Archiv der Hansestadt Lübeck

Dies ist die Abschrift der Urkunde, die Heinrich, der edelste Herzog der Bayern und Sachsen, seligen Angedenkens, zur Bestätigung des ewigen Friedens zwi-schen Deutschen und Gotländern ausgestellt hat.

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit, Heinrich, durch das Walten der Gnade Gottes, Herzog der Bayern und Sachsen.

Alle gegenwärtigen und zukünftigen Christen mögen in ihrer Klugheit wissen, dass wir aus Liebe zum Frieden und in Verehrung der christlichen Religion, am meisten aber angesichts der ewigen Vergeltung, den Streit, der zwischen Deutschen und Gotländern im Geist des Übels seit langem schlimm herrschte, in Einigkeit und Eintracht verwandelt haben und dass wir auch die zahlreichen Übel, nämlich Hass, Feindschaften und Morde, die aus der Uneinigkeit der beiden Völker entstanden sind, mit Hilfe des Heiligen Geistes in einen stabilen ewigen Frieden überführt haben und damit die Gotländer wohlwollend in der Gnade unserer Versöhnung empfangen. Somit bestätigen wir den Gotländern die Rechts- und Friedensprivilegien, die ihnen von dem erlauchten Römischen Kaiser, Herrn Lothar seligen Angedenkens, unserem Grossvater, gewährt wor-den sind, wobei wir seinen Entscheidungen in aller Ehrfurcht mit gleicher Güte zustimmen und die Überlieferung jedes einzelnen Rechts mit einzelnen Kapiteln unterscheiden wollen. In unserem gesamten Machtbereich sollen die Gotländer einen festen Frieden haben, so dass sie, was immer sie an Schaden an ihrem Eigentum oder Unrecht innerhalb der Grenzen unseres Reiches erlitten haben, volle Gerechtigkeit und Genugtuung aus unserer richterli-chen Macht erfahren, wobei wir ihnen zusätzlich die Gnade der Zollfreiheit in allen unseren Städten gewähren. Weiters soll, wenn irgendein Gotländer in einer unserer Städte, wo wir eidlich den Frieden bestätigt haben, getötet werden sollte, der Täter mit dem Tode bestraft werden. Wenn aber jemand durch Waffen verletzt oder verstümmelt wird, verfügen wir, dass dem Täter die Hand abgeschlagen wird. Darüber hinaus soll der Täter, wenn jemand mit einem Knüppel oder der Faust ruchlos verletzt wird, dem Recht der Stadt unterworfen werden, in der sich der Vorfall zugetragen hat. Gleichfalls soll, wenn ein Gotländer bei der Hin- oder Rückreise in einem außerordentlichen Gerichtsverfahren getötet wird, der Täter mit den Erben und Verwandten des Getöteten einen Vergleich über 40 Mark in der Währung jener Provinz, in der der Frevel begangen wurde, schließen. Auch wenn einer von ihnen in einer unserer Städte verstirbt, so soll sein Erbe oder Verwandter, wenn er zufällig anwesend ist, die Güter erhalten und sich ihrer in Frieden erfreuen, andern-falls aber sollen jene Güter in der Niederlassung, in der er verstorben ist, ein Jahr und einen Tag unzerteilt aufbewahrt werden. Wenn aber innerhalb der Zeit niemand die Güter beansprucht hat, sollen sie dem Richter überge-ben werden. Aktuell aber haben wir für alle Gotländer dieselbe Gnade und Gerechtigkeit beschlossen, die auch für unsere Kaufleute gilt, und wir haben festgesetzt, dass dies auf ewig und treu und unverletzlich gelten soll, dies unter der Voraussetzung, dass die Gotländer unseren Leuten in angenehmer Wechselseitigkeit das gleiche gewähren. Darüber hinaus sollen sie uns und unser Land zukünftig häufiger durch Besuche ehren und unseren Hafen in Lübeck öfter frequentieren. Zeugen dieser Vereinbarung sind die folgen-den: Bischof Gerold, Bischof Evermodus, Bischof Berno von Magdeburg, der Markgraf von Vohburg, Graf Friedrich von Arnsberg, Graf Heinrich von Ravensberg, Graf Atholfus, Graf Sifridus, Graf Volradus, Graf Heinrich von Ratzeburg, Luthardus von Meinersen, Luidolfus von Waltingeroht, Guncelinus, Anno der Kämmerer, Luidolfus der Truchsess, Graf Reinhold von Lübeck. Geschehen im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1163, im 10. Jahr der Königsherrschaft und im 7. Jahr des Kaisertums des sehr ruhmvollen Kaisers der Römer Friedrich. Gegeben zu Artlenburg am 18. Oktober.

Übersetzung: Laura Scherr


 

Weiterführende Infos

  • Groth, Carsten: Hanse und Recht. Eine Forschungsgeschichte, 2016
  • Hammel-Kiesow, Rolf: Die Hanse, 2014.
  • Jahnke, Carsten: Die Hanse, 2014.
  • Selzer, Stephan (Hg.): Die mittelalterliche Hanse, 2010.